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Naturereignis oder Zeichen Gottes? Gewitter im Vatikan

15 Feb
Am Tag des Papst-Rücktritts schlägt im Petersdom ein Blitz ein. Zeichen Gottes oder Naturereignis? (Quelle: Screenshot - Focus online)

Am Tag des Papst-Rücktritts schlägt im Petersdom ein Blitz ein. Zeichen Gottes oder Naturereignis? (Quelle: Screenshot – Focus online)

Das Kirchenrecht, die Kirchengeschichte erhält in diesen Tagen eine Renaissance, dass es fast schon unheimlich ist. Zufällig waren das während meines Theologie-Studiums genau meine Lieblingsdisziplinen u. a., weil ich sie für besonders lebenspraktisch und nützlich erachtet habe. Von meinen Kommilitonen im „profanen“ Studiengang erntete ich für solche Aussagen nicht selten einen Lacher. Was soll man in einer säkularen Welt schon mit Kirchenrecht?

Wer zuletzt lacht…

Blitzeinschlag im Petersdom am Tag des Rücktritts

Am Tag des Rücktritts habe ich mich hier bereits über die schlechte Informiertheit der Journalisten zum Thema Kirchenrecht beklagt. Ich könnte das Einzelbeispiel (man beschwerte sich, dass ich nur eins nenne – aber sorry, zum Zeitpunkt der Post-Veröffentlichung war erst eine Sondersendung vergangen) leider um einige erweitern. Aber ich möchte nicht (nur) das Nichtwissen der Kollegen kommentieren, sondern lieber mit Wissen dagegen halten 😉
Zugegeben etwas erschreckt war ich, als ich vom Blitzeinschlag am Montagabend in den Petersdom gelesen habe. Solche Wintergewitter sollen in Rom wohl relativ selten sein… Ich bin jetzt keine Meteorologin…

Vielleicht bin ich etwas offener für solch „himmlischen“ Dinge (immerhin habe ich ja auch mal Theologie studiert) und interpretiere da (zu) viel hinein. Hat Benedikt Gott mit seinem Rücktritt erzürnt? Hand auf’s Herz – egal wie man dieses Naturereignis interpretieren mag, aber das Timing ist schon in jedem Fall interessant!

Parallele zum Ersten Vatikanischen Konzil

Und plötzlich erinnerte ich mich an ein noch perfekteres Timing in der Kirchengeschichte. Am 11. Februar 2013 lagen zwischen der Ankündigung des Rücktritts und dem Gewittereinschlag doch einige Stunden… Doch am 18. Juli 1870 störte ein Gewitter direkt ein ebenfalls für die Kirchengeschichte bedeutendes Ereignis: An diesem Tag wurde am Ersten Vatikanischen Konzil die dogmatische Konstitution „Pastor Aeternus“ verabschiedet. Es wurden darin der Jurisdiktionsprimat und die Unfehlbarkeit des Papstes definiert. Gerade Letzteres sorgt bis heute gerade bei Kirchengegnern immer wieder für Diskussionsstoff – an andere Stelle habe ich schon darüber gebloggt.

Die Konzilssitzung fand in einem Seitenflügel des Petersdomes statt. Das Unwetter soll die Aula so verdunkelt haben, dass Kerzen entzündet werden mussten – und das um die Mittagszeit! Auch sollen die „Placets“ der Kardinäle vom Donnergrollen übertönt worden sein. Papst Pius IX. wollte diese Konstitution um alles in der Welt vom Konzil bestätigt wissen. Als er in der Konzilsaula sprach, soll das Gewitter seinen Höhepunkt erreicht haben.

Unfehlbarkeit unter Donnergrollen verkündet

War dies ein Zeichen göttlichen Zorns? Oder ein verzweifeltes Zeichen der Mächte der Unterwelt gegen den Fels Petri? Damals wie heute gibt uns dieses Naturereignis Anlass zur Interpretation. Ich möchte mich auf keine Deutung festlegen: Mich fasziniert einfach diese Parallele und wollte diese meinen Lesern nicht vorenthalten! (Nachzulesen ist das übrigens in der sehr guten Konziliengeschichte von Klaus Schatz)

FAZIT Liebe Medienleute, hättet ihr mal lieber in (Kirchen)geschichte aufgepasst, dann hättet Ihr jetzt eine schöne Story 😉

Wie immer gilt mein Angebot (das auch nach meinem Blogpost über den Rücktritt prompt angenommen wurde… und ich nenne an dieser Stelle keine Namen!!): Gerne stehe ich Ihnen in den kommenden Tagen, insbesondere auch während dem Konklave, als sozusagen „Papst-Fachfrau“ zur Verfügung!

Unfehlbarkeit des Papstes: Oft falsch verstanden

31 Okt

Die Unfehlbarkeit des Papstes ist es, die nicht nur von Kirchengegner, sondern auch von Gläubigen oft falsch verstanden wird.

Denn nicht alle Äußerungen des Papstes sind unfehlbar – unfehlbar sind grundsätzlich nur Äußerungen in Glaubens- und Sittenfragen. Also können z. B. Meinungen über Politik, wenn etwa der Papst die Verfolgung von Christen in totalitären Staaten kritisiert, nie unfehlbar sein.

Außerdem muss der Papst, das Oberhaupt der katholischen Kirche, ankündigen, dass er eine unfehlbare Entscheidung verkündet – er muss dann „ex cathedra“ sprechen. Er spricht dann von der Kathedra Petri aus, also seinem Bischofssitz in Rom.

Wörtliche Definition in „Pastor Aeternus“

In der dogmatischen Konstitution „Pastor aeternus“, in der die Unfehlbarkeit im 4. Kapitel definiert ist, heißt es wörtlich:

Wenn der römische Bischof „ex cathedra“ spricht, das heißt, wenn er in Ausübung seines Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen kraft seiner höchsten Apostolischen Autorität entscheidet, da[ss] eine Glaubens- oder Sittenlehre von der gesamten Kirche festzuhalten ist, dann besitzt er mittels des ihm im seligen Petrus verheißenen göttlichen Beistands jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei der Definition des Glaubens- oder Sittenlehre ausgestattet sehen wollte; und daher sind solche Definitionen des Römischen Bischofs aus sich [ex sese], nicht aber aufgrund der Zustimmung der Kirche [non autem ex consensu Ecclesiae] unabänderlich.“ (DH, S. 776 Nr. 3074)

Unfehlbarkeit erst ein einziges Mal in der Geschichte genutzt

Die Unfehlbarkeit des Papstes wurde während des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/70) zum Dogma erhoben; seit dieser Zeit hat jedoch nur ein Papst in der Geschichte der katholischen Kirche davon Gebrauch gemacht: Dies war im Jahr 1950 als Papst Pius XII. (1939-1958) das Dogma von der leiblichen Aufnahmen Mariens in den Himmel verkündigte.

Als erster und einziger Papst in der Kirchengeschichte machte Pius XII. von der Unfehlbarkeit Gebrauch: Verkündigung des Dogmas von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel (1. November 1950).

Dogmatisierung während Erstem Vatikanum (1869/70)

Schon unter den rund 700 Konzilsteilnehmern war diese Dogmatisierung kontrovers diskutiert worden.

Einberufen hatte dieses Konzil Papst Pius IX. (1846-1878) Im Vorfeld dazu war in der jesuitischen Zeitung Civiltà Cattolica ein Artikel erschienen, dass die wahren Gläubigen Frankreichs auf dem Konzil -ohne Aussprache- die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit erwarten würden.

In Bayern beleuchtete Ignaz von Döllinger, ein katholischer Geistlicher und Professor für Kirchengeschichte in München, diese Entwicklung kritisch. Seine Artikel erschienen unter dem Pseudonym „Janus“ in der Augsburger Allgemeinen Zeitung.

Als Pius IX. am 8 Dezember 1870 schließlich das Konzil im rechten Seitenflügel des Petersdoms im Vatikan eröffnete, stand die Unfehlbarkeit zunächst nicht auf der Tagesordnung. Jedoch schaffte es eine kleine Kerngruppe, der z. B. der Bischof Senestrey von Regensburg angehörte, die Unfehlbarkeit zur Abstimmung zu bringen.

Gegner reisen vor Schlussabstimmung ab

Unfehlbarkeit heißt auf lateinisch Infallibilität. Daher werden die Konzilsväter, je nach ihrer Position als Fallibilisten (Anhänger der Unfehlbarkeit) bzw. Infallibilisten (Gegner der Unfehlbarkeit) bezeichnet.

Weil die Gegner der Unfehlbarkeit, die Infallibilisten, nicht gegen das Dokument und so indirekt gegen den Papst stimmen wollten, reisten sie vor der endgültigen Abstimmung vom Konzil ab. Und so wurde die Definition von der Unfehlbarkeit des Papstes vom Konzil angenommen.

Primat wichtiger als Unfehlbarkeit

Im selben Dokument, der dogmatischen Konstitution „Pastor Aeternus“ wie die Unfehlbarkeit findet sich in Kaptitel 3 übrigens auch eine Definiton über den Primat des Papstes. Als Primat versteht man die Vorrangstellung des Papstes in der römisch-katholischen Kirche. Laut dem Dogma von 1870 hat der Papst also nicht nur die absolute Lehrvollmacht (Unfehlbarkeit), sondern auch den Jurisdiktionsprimat. Im besagten Dokument heißt es wörtlich über den Primat:

„Wer deshalb sagt, der Römische Bischof besitze lediglich das Amt der Aufsicht bzw. Leitung, nicht aber die volle und höchste Jurisdiktionsvollmacht über die gesamte Kirche, nicht nur in Angelegenheiten, die den Glauben und die Sitten, sondern auch solche, die die Disziplin und Leitung der auf dem ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche betreffen; oder er habe nur einen größeren Anteil, nicht aber die ganze Fülle, [totam plenitudinem] dieser höchsten Vollmacht, sei nicht ordentlich und unmittelbar sowohl über alle und die einzelnen Kirchen als auch über alle und die einzelnen Hirten und Gläubigen; der sei mit dem Anathema belegt.“ (DH, S. 773 Nr. 3064)

Bis heute ist der Primat entscheidender als die Unfehlbarkeit.

Altkatholiken lehnen Primat und Unfehlbarkeit ab

Interessant ist auch, dass der Streit über das Dogma von der Unfehlbarkeit bereits in Zeiten ihrer Definition über Medien ausgetragen wurde.

Bis heute gibt es Katholiken, die diese Konzilsentscheidung nicht anerkennen: Es sind die Altkatholiken, die sich nach dem Ersten Vatikanum von der römisch-katholischen Kirchen abgespalten haben. Wohl einer der größten Kritiker in unserem Raum , Döllinger, fühlte sich trotz Exkommunikation zeitlebens als Mitglied der „alten“, römisch-katholischen Kirche und wurde interessanterweise nicht Altkatholik.

Ausschnitt aus Folge 10 der Doku-Serie „2000-Jahre-Christentum“ über das Erste Vatikanum: