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Sterben 2.0: „grandmabetty33“ ist tot

3 Aug
Screenshot Instagram

Screenshot Instagram

Grandma Betty ist tot. Das klingt so, als wäre eben eine Großmutter gestorben. Von irgendwem. Irgendwo. Aber diese Nachricht erreicht über eine halbe Million Follower auf Instagram.

Urenkel Zach Belden hatte nach der Krebsdiagnose für seine Grandma diesen Account eingerichtet. Die 80-jährige Dame freute sich, dass so viele Menschen Anteil an ihrem Schicksal nahmen. Und “grandmabetty33” erfreute ihr IG-Follower, wenn sie z B zu „Happy“ ein Tänzchen wagte.

Warum, können sich die Kritiker fragen, warum stellen Menschen ihre letzen intimen Momente ins Netz? Warum das Sterben oder den Kampf darum öffentlich machen?

Wie ich schon öfters in meiner kleinen Serie zum Thema „Sterben 2.0“ beobachtet habe, das Sterben gehört mittlerweile zum Web 2.0. Insbesondere Angehörigen scheint dieser öffentliche Umgang mit dem Tod Kraft zu geben: Sie finden Gleichgesinnte, Trost… Gleichzeitig schaffen sie ihren geliebten Menschen ein ehrendes Andenken.

Grabmäler sind heute mulitmedial

Grandma Betty ließ die Menschen an ihrer Krebserkrankung teilhaben: Bunt wie das Leben ihr Instagram-Account (Screenshots) mit Hochs und Tiefs.

Grandma Betty ließ die Menschen an ihrer Krebserkrankung teilhaben: Bunt wie das Leben ihr Instagram-Account (Screenshots) mit Hochs und Tiefs.

Früher hat man ein monumentales Grabmal errichtet – heute sind die Monumente multimedial. Und das Beste daran: Man kann an seinem Monument im Web 2.0 selbst mitbauen:

Vor einigen Tagen habe ich den Instagram-Account einer 20-jährigen Mutter entdeckt, die nach eigener Beschreibung, „Krebs im Endstadium“ hat. Mit Glatze und ihrer kleinen Tochter lädt sie Bilder auf Instagram. Ehrlich & ungeschminkt. Sie lässt ihre IG-„Gemeinde“ teilhaben an ihrem Schicksal und das ganz konkret: „Heute wirken die Medikamente nicht“, „ich habe Angst“, „ich möchte leben“.

Für ihre kleine Tochter hinterlässt sie so nicht nur Briefe, in denen sie später einmal nachlesen kann, wie es ihrer Mutter erging – nein, konket überliefert sie ihrer „Zaubermaus“ auch Bilder von schönen und traurigen Momenten.

Empathie statt Voyeurismus ist angesagt

Ich wünsche der „Kämpferin“, dass sie die Hoffnung niemals aufgibt. Und verneige mich vor so viel ungeschminkter Wahrheit & Ehrlichkeit. Denn ich meine, die Netzgemeinde befriedigt mit Accounts wie dem von Grandma Betty nicht ihren Sensations-Voyeurismus.

Nein, diese Accounts wecken unsere Empathie und die Besinnung auf das Wesentliche: Alles Leben ist endlich – wir sind nur Gast auf Erden, machen wir das Beste aus jedem Tag!

 

In meiner Blog-Serie “Sterben 2.0″ bisher veröffentlicht: