Tag Archives: Reichstelefonbuch

Onomastik 2.0: Namensforschung online

4 Apr

Irgendwie ist es schon ein Kreuz mit den Namen! Die einen müssen ihren Familiennamen grundsätzlich buchstabieren, weil er so ungewöhnlich ist. Die anderen mit den „gewöhnlichen“ Nachnamen sind jedoch auch nicht besser dran, denn z. B. Herrn Meir kann man schließlich mit ai, ei oder auch ay schreiben.

Nachnamen veraten viel über ihren Träger bzw. dessen Vorfahren, denn die Familiennamen sind „sprechende Namen“. So gibt es z. B. Berufsnamen wie Maier, dessen Vorfahren ursprüngl. einmal Verwaltungsbeamte gewesen sind, aber auch Herkunftsnamen (die Vorfahren des bspw. Herrn „Bayer“ stammten aus Bayern) oder Wohnstättennamen (ein z. B. Herr „Wiese“ hat demnach einmal an einer Wiese gewohnt).

Die Wissenschaft von der Erforschung der Bedeutung, Herkunft und Verbreitung der Namen wird als Onomastik bezeichnet.

Prof. Udolph und sein Buch der Namen

Einer der wohl berühmtesten Onomastiker ist Prof. Jürgen Udolph, der die Namen gerne als „Friedhof der Wörter“ bezeichnet. Bekannt ist der Namenskundler von seinen zahlreichen Auftritten in Funk und Fernsehen. 2005 erschien „Professor Udolphs Buch der Namen“, darin erklärt er Namen und gibt auch Anleitung, den eigenen Namen selbst zu deuten.

Doch so einfach ist das leider nicht! Bei einer Veranstaltung in Deggendorf im vergangenen Jahr wusste der Experte Udolph selbst spontan nichts mit meinem Nachnamen anzufangen – er selbst habe ihn noch nie gehört.

In unserer Familie vermuten wir, dass der Name „Winderl“ vom Volksstamm der Wenden stammt.

Namen online kartieren

Wenn wir auch leider (noch) nicht die genaue Bedeutung unseres Familiennamens kennen, so können wir ihn mittels Internet immerhin kartieren – und somit die regionale Häufung in der Oberpfalz ermitteln. Dies ist mit der Geogen-Website möglich.

  • Die Angaben werden bei Geogen einem Online-Telefonbuch aus dem Jahr 2002 entnommen.
  • Die Karten werden im Internet erzeugt, ohne dass dafür die Software auf einem eigenen Rechner installiert werden muss. Die erzeugten Verbreitungskarten können als Grafik gespeichert werden.

Zudem kann es bei einigen Familiennamen sinnvoll sein, diese geografische Verteilung mittels des Reichstelefonbuchs von 1942 vorzunehmen. Warum? So können mögliche Flucht-Bewegungen der eigenen Familie bzw. der Mit-Namensträger während des Zweiten Weltkriegs nachvollzogen werden. Dies ist auf der Gen-Evolu-Website möglich. Berücksichtigt werden muss freilich, dass in den 1940er Jahren nur wenige Personen überhaupt einen Telefonanschluss hatten.

  • Die Namensverteilung kann bei Gen-Evolu mittels des Reichstelefonbuchs von 1942 und einem Telefonbuch aus dem Jahr 1998 erzeugt werden.
  • Die Kartierung ist im Übrigen auch für Vornamen möglich.

Sowohl Geogen, als auch Gen-Evolu sind zwei Websites, die sich gut für den Einstieg in die Onomastik eignen. Wer jedoch einen ähnlich ungewöhnlichen Nachnamen wie ich ihn trage, hat, wird langfristig nicht darum herumkommen auf Literatur zur Namensdeutung zurückzugreifen bzw. evtl. parallel dazu auch Ahnenforschung zu betreiben. Gute Literaturtipps zur Familiennamendeutung finden sich hier.

Letzte Hoffnung: Namensberatungsstelle der Uni Leipzig

Und wer mit diesen Hilfsmitteln nicht weiterkommt, kann sich an die Namensberatungsstelle der Universität Leipzig wenden, die im Übrigen von Prof. Udolph ins Leben gerufen wurde. Dort erhält man für 95,20€ ein Gutachten über einen Familiennamen – jedoch ist die Beratungsstelle so ausgelastet, dass derzeit keine neuen Anfragen mehr bearbeitet werden können.

Da Namenskunde nur in Leipzig gelehrt wurde, steht es nach der Emeritierung von Prof. Udolph eher schlecht mit dem Nachwuchs an Namenskundlern. Daher kann es nicht schaden, u a. auch auf Onomastik 2.0 zu setzen.