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Lesung zum 100. Geburtstag von Carl Amery: „Der Untergang der Stadt Passau“

8 Apr
Der Science-Fiction-Roman „Der Untergang der Stadt Passau“ ist aktuell nur noch antiquarisch erhältlich. (Foto: Winderl)

Es ist an Ironie kaum zu überbieten, dass die Lesung anlässlich des 100. Geburtstags Carl Amerys eine der ersten Veranstaltungen war, die ohne Maske besucht werden konnten. Schließlich hatte er seinen Science-Fiction-Roman „Der Untergang der Stadt Passau“* auf 131 post pestilenziam (Anno Domini 2112) datiert.

1975 war seine „Fingerübung“, wie Amery die etwas mehr als 100 Seiten umfassende „Huldigung“ an seine Jugendstadt nannte, bei Heyne erschienen. Recht viel länger hätte der Text für eine Lesung auch nicht sein dürfen, so konnte er am 7. April 2022 in gut vier Stunden in der Staatlichen Bibliothek Passau von vier Lesern vorgetragen werden. Anlass für das Carl-Amery-Festival war der 100. Geburtstag, den der bereits 2005 Verstorbene am 9. April gefeiert hätte.

Lesung Stabi Passau
Vier Stunden lang lasen aus „Der Untergang der Stadt Passau“ Dr. Marita Panzer, Bernhard Setzwein, Vera Botterbusch, Dr. Bernhard Forster und Arwed Vogel. (Foto: Winderl)

Dystopie aus Amerys Jugendstadt mit erschreckender Aktualität

Die „Stabi“ Passau war ein idealer Veranstaltungsort, denn „drüben“ im Leopoldinum hatte Christian Mayer, wie Amery bürgerlich hieß, das Gymnasium besucht, an dem auch seine Eltern unterrichteten. Er hatte denselben Lehrer wie der Eisner-Mörder Graf Arco.

Viele dieser historischen Verknüpfungen sind Gegenstand seiner literarischen Werke. (Wie vorzüglich die Darstellung der Verbindung des gräflichen Attentäters zum ehemaligen Hauslehrer in „Die Wallfahrer“* ist, wird in meiner Doktorarbeit erläutert.)

In „Untergang der Stadt Passau“ wird die Geschichte der Dreiflüssestadt mit einer dystopischen Situation verknüpft, die aufgrund des Ukraine-Kriegs irgendwie erschreckende Aktualität besitzt: Nach dem Ende der Elektrizität ist Passau, das bereits im Mittelalter durch Salz reich geworden war, wieder von großer Bedeutung im Salzhandel.

Ein bayerischer Querdenker

Amery haderte damit, dass das Genre Science-Fiction in der deutschen Literaturszene wenig anerkannt sei, weiß Filmemacherin Vera Botterbusch, die diesem bayerischen Patrioten für ihren Film „Die Zeit, die wir noch haben, Carl Amery – ein bayerischer Querdenker„, tief in die Seele geblickt hat. Vor der Lesung gab sie daher eine Einführung in Person und Werk. Dass der Begriff des Querdenkers heute negativ besetzt ist, habe sie in den 1990er Jahre nicht ahnen können. Das sei früher ja eine Wertschätzung gewesen, argumentierte sie. 

Es ist ohnehin schwer, Carl Amery zu kategorisieren: War er doch nicht nur als Schriftsteller Mitglied der Gruppe 47, sondern auch z. B. Gründungsmitglied der Grünen oder Leiter der Münchner Stadtbibliothek. Botterbusch, deren Amery-Portrait auch im Rahmen des Festivals gezeigt wurde, sagte, dass das Science-Fiction Genres zu ihm passte da er das Leben immer für die Zukunft gedacht habe.

Zum Programm des Carl-Amery-Festivals.

Festival-Programm im Hintergrund das Gymnasium Leopoldinum, das Amery in Passau besuchte. (Foto: Winderl)

Amerys Werke sind nicht unbedingt leichte Kost, aber persönlich berühren sie mich auf vielschichtige Weise… Daher sollte der „Der Untergang der Stadt Passau“ meines Erachtens – zumindest in seiner und meiner ehemaligen Schule, dem Leopoldinum – Pflichtlektüre werden.

Aktuell ist das Büchlein leider nur mehr antiquarisch zu erwerben. Wie schön, dass im Juni eine Neuauflage im SüdOstVerlag zu erscheinen scheint; sie kann hier* vorbestellt werden.

Blogparade #Femaleheritage: Sarah Sonja Lerch – Wegbereiterin des Freistaats

13 Nov

Das Thema „Erinnerungskultur“ beschäftigt mich seit Jahren, da es Gegenstand meiner Doktorarbeit ist – an der ich jetzt eigentlich arbeiten und nicht für die Blogparade „Femaleheritage“ der Monacensia schreiben sollte. Aber wenn Tanja zur Blogparade aufruft, ist es quasi Ehrensache, dass ich mich beteilige. Und eigentlich ist die Frau, die ich euch heute vorstellen möchte, Teil meiner Diss. Aber eben nur ein ganz kleiner – eine Randnotiz, sprichwörtlich eine Fußnote der Geschichte. Da ist der Blogpost quasi so etwas wie die Erweiterung meiner Doktorarbeit.

Friedensaktivistin an der Seite Kurt Eisners

Sarah Sonja Lerch geb. Rabinowitz war ihr Name. Maßgeblich hat sie durch ihr mutiges Auftreten dafür gesorgt, dass Kurt Eisner im November 1918 Bayern zum Freistaat machen konnte. Nun ist aber schon Kurt Eisner nicht der größte Gewinner der bayerischen Erinnerungskultur (darüber lest ihr aber dann in meiner Diss). Und eine jüdische Frau aus Osteuropa war es noch viel weniger!

Sarah Sonja Lerch war im sog. Januarstreik aktiv, der im Januar 1918 stattfand. Im letzten Kriegswinter wurde deutschlandweit versucht, die Arbeiter in den Rüstungsbetrieben zum Streik zu bewegen. Die Idee dahinter: Wird kein Nachschub für die Front mehr produziert, kommt es zum Frieden. 

In München rief neben Kurt Eisner u. a. Sarah Sonja zum Streik auf, bei den Versammlungen ergriff sie auch selbst das Wort und wollte die Arbeiter von ihrer Friedensidee überzeugen. Beide wurden sie für die Organisation der Streiks eingesperrt – Anklage: Landesverrat, mit einem Unterschied:

Kurt Eisner kam im November 1918 aus der Haft frei, weil er sich für ein Reichtagsmandat bewarb. Gut, recht lange überlebte er die Haft nicht, da er im Februar 1919 ermordet wurde.

Auf dem Graffiti von won abc an der Martin-Luther-Straße in Giesing ist Sarah Sonja Lerch geb. Rabinowitz neben Kurt Eisner dargestellt. Das Foto entstand, als noch am Mural mit Krahn gearbeitet wurde. (Foto: Winderl)

Beging sie Selbstmord oder wurde sie ermordet?

Doch Sarah Sonja Lerch verstarb bereits während der Haft im März 1918. Bis heute ist nicht geklärt, ob sie Selbstmord beging oder ermordet wurde. 

Ihr Mann – ein Uni-Dozent (sie selbst war übrigens auch promoviert) – hatte sich von ihr distanziert, Zahnschmerzen blieben unbehandelt… Es gab genug Gründe für sie, im Gefängnis zu verzweifeln.

Doch war es nicht die erste politische Aktion, an der Sarah Sonja Lerch sich beteiligt hatte. Schon in ihrer Heimatstadt Warschau und später in der ersten russischen Revolution von 1905 in Odessa war sie politisch aktiv gewesen. 

In einer Zeit, in der Frauen noch nicht einmal das Wahlrecht hatten, setzte sie sich für grundlegende Veränderungen der Gesellschaft ein und nahm dafür enorme persönliche Nachteile in Kauf. Das finde ich beeindruckend! 

Sie muss eine mutige Frau gewesen sein, denn letztendlich bezahlte sie ihr politisches Engagement mit ihrem Leben. Das allgemeine Wahlrecht für Frauen, das die Revolution von 1918 mit sich brachte, durfte sie nicht einmal erleben.

Wiederentdeckt von einer Frau

Es freut mich daher, dass Sarah Sonja Lerch im Zuge der 100-Jahrfeier der Revolution ein Stück weit wiederentdeckt wurde:

Zu verdanken ist das einer Frau – bei #femaleheritage sei das einfach mal erwähnt: Cornelia Naumann hat aus den wenigen Quellen über Sarah Sonja Lerch deren Lebenslauf erforscht und sich im Roman „Der Abend kommt so schnell“* auch belletristisch mit ihrem Leben auseinandergesetzt. 

Auch won abc hat sie in seinem Revolutions-Mural an der Martin-Luther-Straße, über das ich hier schon gebloggt habe, eingebaut. Ein passender Gedenkort, denn wenige hundert Meter Luftlinie von dort entfernt verstarb sie. Auf dem Graffiti drückt sie die Gefängnisstäbe einfach auseinander. Friedenstauben fliegen von dort heraus.

Interessanterweise verwenden sowohl Naumann als auch won abc den Mädchennamen von Sarah Sonja: Rabinowitz. Was steckt dahinter? Vielleicht soll an sie künftig nicht mehr mit dem Namen ihres Mannes erinnert werden, der sie im Stich ließ?

Erinnerungskultur wird partizipativer 

Seit 2019 ist ein Weg nach ihr in München-Neuperlach benannt. Es ist nur ein kurzes Wegchen, das in die Kurt-Eisner-Straße mündet. Thematisch passt das zusammen. 

Wenn man freilich weiß, dass die Straßenbenennung nach Eisner in den 1960er Jahren höchst umstritten war und Neuperlach noch immer nicht gerade Münchens beste Adresse ist, schmälert das die Ehrbezeugung etwas. Doch tragen auch die sozialen Medien dazu bei, dass Erinnerungskultur heute nicht mehr rein staatlich „verordnet“ wird, sondern von uns allen mitgestaltet werden kann. Diese Blogparade ist ein gutes Beispiel hierfür. Machen wir was draus!

Sarah Sonja Lerch wird auf dem Revolutionsmural in München-Giesing mit ihrem Mädchennamen Rabinowitz genannt. Sie ist die einzige Frau unter vier Männern. (Foto: Winderl)

Die Blogparade #femaleheritage geht bis 9. Dezember 2020. Zum Abschluss meines Beitrags möchte ich euch noch Literaturempfehlungen geben, wenn die Blogparade schon von einer Bibliothek ausgeht 😉

#indiebookday 2016 – Rezension von „Tango in Tel Aviv“

26 Mär

Am 26. März 2016 ist Indiebookday!

Ich habe diesen Tag zum Anlass genommen, einen Erstlingsroman einer lieben Bekannten von mir zu rezensieren: „Tango in Tel Aviv“ lautet der Titel, erschienen ist es unter dem Namen „Selma Sipur“. Es war schwierig für die Indie-Autorin einen Verlag zu finden, deswegen erschien ihr Erstlingswerk als book on demand. Doch wer sich genau hinter dem Pseudonym „Selma Sipur“ verbirgt, das kann nicht genau verraten werden – aus Sicherheitsgründen.

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Denn hinter dem auffälligen Cover, das einen Frauentorso in einem knallroten Kleid ziert, verbirgt sich ein hoch politischer Roman, der in Buenos Aires, Schweden und Tel Aviv spielt und auch an den Original-Schauplätzen recherchiert wurde. Die junge Hauptprotagonistin Liora trennt sich nach einem Auslandsaufenthalt in Argentinien von ihrem Lebensgefährten Lasse. Und als wäre das nicht genug, hat sie als jüdische Schwedin mit Antisemitismus in ihrer Heimat zu kämpfen. Selbst Lasse hat nicht viel für die jüdische Kultur übrig. Einen gemeinsamen Sohn beschneiden lassen? Das käme für ihn nicht in Frage!

Mehr als ein Liebesroman

Tango in Tel Aviv

Die Indie-Autorin mit ihrem ersten Roman: Tango in Tel Aviv, erschienen als book on demand. (Foto: Winderl)

Doch der Roman ist mehr, als das aufreizende Cover vermuten lässt, kein reiner Dreiecks-Liebesroman, der in drei Ländern spielt: Denn während ihres Praktikums in Buenos Aires lernt Liora den Schriftsteller Emilio kennen, mit dem sie die Nächte durchtanzt: Tango – jedoch in Buenos Aires.

Zurück in Schweden muss sie hochschwanger erkennen, dass ihre Beziehung gescheitert ist. Doch nicht ausschließlich wegen der Affäre mit dem Südamerikaner.

Die Autorin versteht es,  die Probleme einer jungen Mutter mit der brisanten politischen Situation der Juden in Skandinavien zu verknüpfen. Und so verlässt Liora noch am Abend der Rückkehr aus Argentinien den Vater ihres Kindes. Mehrere Stellen im Roman nehmen eine solche rasante Wendung.

An anderen Passagen merkt man, dass den Text eine Politikwissenschaftlerin geschrieben hat, die eine echte Kennerin der Geschichte und Politik Israels ist. Denn bei der Lektüre erfährt der Leser viel über die herrschende Mentalität in Tel Aviv und die Bedeutung Israels für die Juden in der Welt. Wie einige europäische Juden besitzen auch Lioras Eltern eine Wohnung in Tel Aviv – dort zieht es die junge Mutter nach den Ausschreitungen in Schweden hin; wie übrigens ein Drittel der jüdischen Malmöer, die durch den südskandinavischen Antisemitismus der 00er-Jahre bis dato aus ihrer Heimatstadt vertrieben wurden.

Roman einer Israel-Kennerin

Mit viel Liebe zum Detail beschreibt „Selma Sipur“ Tel Aviv – bis hin zum überdimensionierten Schnabeltier auf einem Spielplatz, den Liora im Roman mit ihren Kindern besucht, kennt die Autorin all diese Schauplätze wie ihre Westentasche. Genauso fundiert recherchiert sind auch die historischen und politischen Entwicklungen, die sich in den Dialogen der Romanfiguren wiederfinden.

In Tel Aviv ist Emilio zunächst vergessen. Ein junger, israelischer Berufssoldat tritt in das Leben der jungen Mutter. Doch das Leben in Israel zeigt sich für Liora auch von seiner Schattenseite, ehe sie Tango in Tel Aviv tanzen kann …

Wer mehr über den Antisemitismus in Skandinavien und das Lebensgefühl der Israelis in Tel Aviv erfahren will, dem sei dieser Roman wärmstens ans Herz gelegt. Mit jeder Seite im Buch glaubt man die salzige Luft des Toten Meeres zwischen den Zeilen schmecken zu können. Denn die literarischen Momentaufnahmen nehmen den Leser mit auf die Reise einer jungen Mutter, deren Herz als Jüdin zwar an Israel hängt, aber sich auch irgendwo zwischen Südamerika und Europa verfangen hat.

Warum das Indiebook unter einem Pseudonym erschienen ist

Die emotionale Verbundenheit der Autorin mit dem Nahen Osten kommt auch in der Wahl des Pseudonyms zum Ausdruck: „Selma“ ist ein skandinavischer Vorname – die Politikwissenschaftlerin, die das Schreiben als Passion für sich entdeckt hat, wuchs mit den Geschichten wie Nils Holgerson aus dem Norden Europas auf. Dessen Schöpferin diesen Vornamen auch trägt. „Sipur“ hingegen ist hebräisch und bedeutet „Erzählung“. Es war der Autorin wichtig, unter einem Pseudonym ihren Roman zu publizieren, da sie als Aktivistin gegen Judenhass um das Gewaltpotential der Antisemiten weiß. Zweieinhalb Jahr hat sie an dem 316 Seiten starken Roman gearbeitet.

Ein gelungener Erstlingsroman, der zeigt, dass komplizierte Politik auch spannend verpackt werden kann. Das findet auch der international renommierte Israel-Experte Professor Wolffssohn, der den Roman als „packend und politisch aufschlussreich“ beschreibt.

Erschienen ist „Tango in Tel Aviv“ im Oktober 2013 als book on demand; es kostet 14,99 Euro und kann in jedem Buchladen on- wie offline bestellt werden.

Die Rezension erschien in der Banziana 2016.

Das (Taschen)buch in Zeiten von eBooks neu erfinden?

26 Jun

In Zeiten, in denen eBooks immer mehr im Trend liegen, legen sich die „alten“ Buchverlage nicht einfach hin um in Ruhe zu Sterben… Zumindest einige von ihnen.
Die Buchverlage können zwar das Buch aus Papier – oder wie es die eBook-Fanatiker mittlerweile nennen – toten Bäumen ebenso wenig wie das Rad neu erfinden… Aber wenn ich so in die Regale der Buchhandlungen schaue, habe ich fast den Eindruck, die Verlage versuchen das.

Warum greifen wir eigentlich zum eBook(Reader)? Da gibt es sicherlich viele Gründe. Einer ist sicherlich, dass das Umblättern gerade beim „public reading“ z. B. in U-Bahn, Zug und Bus leichter zu handeln ist. Und grundsätzlich nimmt der eBook-Reader viel weniger Platz in Hand- oder Aktentasche ein. Die Buchverlage reagieren darauf und verkleinern nun das klassische Buchformat.

Das Auge liest mit

Von Diogenes gibt es schon seit einigen Jahren Mini-Taschenbücher.

Von Diogenes gibt es schon seit einigen Jahren Mini-Taschenbücher.

Das ist jetzt nicht direkt neu. Ansätze gab es auch schon vor dem eBook-Zeitalter wie dieses Mini-Diogenes-Büchlein zeigt, die ich mir schon in den 00er Jahren gekauft habe. (An dieser Stelle oute ich mich, dass ich Lieblingsverlage beim Bücherkauf habe und durchaus auf das Design der Bücher achte.)

„Runde“ Ecken gibt’s beim Fischer-Verlag

Ein Lieblingsverlag von mir ist schon immer der Fischer-Verlag. Umso mehr freue ich mich, dass er nun

Besonders schön finde ich die Mini-Ausgaben des Fischer-Verlages mit individueller Gestaltung des Covers.

Besonders schön finde ich die Mini-Ausgaben des Fischer-Verlages mit individueller Gestaltung des Covers.

so tolle Miniatur-Büchlein herausbringt. Besonders gut an diesen Ausgaben gefallen mir die abgerundeten Ecken. Das Buch liegt so gut in der Hand. Durch und durch wirken die kleinen Fischer-Bücher sehr ansprechend, wenn sie in extra kleinen Drehaufstellern im Buchladen präsentiert werden. Praktisch ist auch das kleine Lesebändchen.

Gerade wenn ich unterwegs lese, möchte ich noch zusätzlich ein Lesezeichen mit mir rumschleppen, dass mir in der Handtasche leicht aus dem „toten Holz“ herausfallen kann.

rororo bietet gebundene Ausgabe in Klein

Eine Miniatur-Hardcover-Ausgabe erwartet den Leser bei rororo.

Eine Miniatur-Hardcover-Ausgabe erwartet den Leser bei rororo.

Einige Bücher in Mini-Ausgabe habe ich auch von rororo (Taschenbuch-Verlag des Rowohlt-Verlages). Auch diese Ausgaben sind eigentlich recht gelungen. Anders als die Fischer-Ausgaben wirken sie insgesamt kompakter und vielleicht auch durch die traditionelle Buchform mit den „eckigen“ Ecken wirklich wie ein gebundenes Buch – nur eben in Klein. Auch hier gibt es ein praktisches Lesebändchen.

Heyne stellt das Buch auf den Kopf

Besonders klein für das Lesevergnügen für unterwegs sind "Heyne Pocket"

Besonders klein für das Lesevergnügen für unterwegs sind „Heyne Pocket“

Erst seit Kurzem stechen mir die „Heyne pocket“ Bücher ins Auge. Hier könnte man tatsächlich den Eindruck haben, der Heyne-Verlag möchte das Buch neu erfinden. Anders als die Ausgaben von rororo, die Hardcover und Fischer, die ich als Softcover einstufen würde,  sind die Heyne „echte“ Taschenbücher. Insgesamt sind sie dadurch noch leichter, können so aber noch leichter unschöne Eselsohren in Taschen bekommen…

Nachteil bei "Heyne Pocket": Die Seiten sind bis zur Falzung bedruckt.

Nachteil bei „Heyne Pocket“: Die Seiten sind bis zur Falzung bedruckt.

Das Format ist nicht nur wesentlich kleiner als bei rororo und Fischer – man klappt das Taschenbuch der neuen Art auch anders auf. Der Verlag wirbt damit, dass dieses innovative Buch v. a. ideal ist, um es unterwegs zu lesen.

Und eben weil das Mini-Taschenbuch besonders handlich sein soll, wurde es bis hin zur Falzung bedruckt – das würde mich wohl auf Dauer stören. Weniger optimal ist auch, dass das Büchlein kein Lesebändchen hat – denn ein (herkömmliches) Lesezeichen kann man hier wohl kaum verwenden…

Fazit: Da ich nach wie vor gerne noch zum gedruckten Buch greife – auch greifen muss (aus vielen eBook-Formaten wie z. B. Kindle kann man ja NOCH nicht zitieren), finde ich es klasse, dass einige Buch-Verlage neue Wege gehen. Zumindest für Bibliophile stellt das auch sicher einen zusätzlichen Kaufreiz dar! 

Audiobook Binder: Hörbücher erstellen für Apple-Geräte

24 Apr

Wie ich hier verraten habe, bin ich der Meinung, dass Hörbücher neue Literatur-Horizonte eröffnen. In öffentlichen Verkehrsmitteln habe ich immer Literatur auf den Ohren – meinem Smartphone sei Dank.

Konvertierung in MP4-Format

Wer seine Hörbücher nicht herunterlädt (z. B. bei audible) muss sein Hörbuch jedoch erst für das Smartphone „vorbereiten“. Wer Hörbücher über seinen iPod oder sein iPhone abspielen möchte, muss meist eine MP3-Datei in ein MP4-Format umwandeln.

Einzelne Tracks werden ohne Unterbrechung abgespielt

Audiobook BinderAnders als bei einer Musik-CD möchte ich alle Tracks des Hörbuches hintereinander hören. Da Hörbücher meist mehrere CDs und so eine Vielzahl von Tracks umfassen, möchte ich mir nicht merken müssen bei welchem Track auf welcher CD ich stehen geblieben bin. Das mag etwas kompliziert klingen, aber die Lösung für Apple-Nutzer ist simpel, gratis und heißt – Audiobook Binder.

Ähnlich wie bei einem Buch aus Papier die einzelnen Seiten aneinander gebunden werden, kann durch diese App ein Hörbuch erstellt werden, das die einzelnen Tracks zu einem einzigen zusammenfasst.

Damit das so erzeugte Hörbuch nicht unübersichtlich wird, können einzelne Kapitel eingefügt werden. Das Abspielen Audiobook Binderdes Hörbuchs wird bei einem neuen Kapitel nicht gestoppt. Die Kapitel dienen meiner Meinung nach v. a. um sich beim Hören zu orientieren: Schlafe ich beim Hörbuch hören ein (was durchaus vorkommen soll), kann ich so leichter an die Stelle springe, die ich zuletzt aktiv wahrgenommen habe.

Der äußerst nützliche und einfach zu bedienende Audiobook Binder ist übrigens kostenlos im App-Store verfügbar! Und so wird er bedient:

Einfache Bedienung

Durch das Klicken auf das Pluszeichen können die einzelnen Tracks in das Programm geladen – ggf. durch das Minuszeichen auch wieder entfernt werden.

Kapitel hinzufügen

Audiobook BinderDie Tracks, die zu Kapiteln zusammengefügt werden sollen, müssen zunächst markiert werden –  mit cmd und j wird dann das Kapitel erstellt.

Neben dem Namen des Hörbuches und des Autors kann auch noch das Cover in den Audiobook Binder geladen werden.

Sind alle Tracks des Hörbuchs im „Hörbuch Binder“ muss man lediglich noch auf „Hörbuch erstellen“ klicken.

Die Konvertierung dauert je nach Länge des Hörbuches ein paar Minuten. Ist das Hörbuch fertig „gebunden“, findet es sich direkt in iTunes unter der Rubrik Bücher.

Fazit: Natürlich nimmt das Erzeugen eines Hörbuches einige Zeit Anspruch. Aber diese Zeit ist meiner Meinung nach gut investiert: Der Hörbuchgenuss ist so gänzlich ungetrübt – nicht nur bei der Nutzung auf mobilen Endgeräten. Auch wer Hörbücher zu Hause hört, erspart sich so das Wechseln der CDs.

Hörbücher eröffnen neue Literatur-Horizonte

22 Apr

Ich geb’s zu: Am Anfang habe ich gedacht, Hörbücher seien absolut nichts für mich. Aber seit ich in München lebe und ein bekennender Fan von „Public reading“ bin,  habe ich in den öffentlichen Verkehrsmitteln quasi immer Literatur auf den Ohren.

Denn besser als mit dem aufgeklappten Buch in der Hand immer wieder umzusteigen – Ohrstöpsel rein, Hörbuch an und fertig.

Manche Bücher sind für’s Hören geschrieben

Dank Smartphone - immer ein Hörbuch aus der Handtasche zaubern. Das verkürzt so manche Bahn-Fahrt.

Dank Smartphone – immer ein Hörbuch aus der Handtasche zaubern. Das verkürzt so manche Bahn-Fahrt.

Natürlich ist es etwas ganz etwas anderes ein Buch zu LESEN oder es zu HÖREN. Und so bin ich mit den Hörbüchern auch auf einen ganz anderen Buchgeschmack gekommen. Bestseller lese ich quasi grundsätzlich nicht. Und Krimis mag ich eigentlich auch überhaupt nicht. Aber ich habe nun die Rita-Falk-Krimis für mich als HÖRbücher entdeckt und das kam so:

An Weihnachten konnte ich gratis Falks ersten Krimi „Dampfnudelblues“ herunterladen – als eBook. Ich hab’s gelesen und fand’s ganz witzig, habe mir aber schon gedacht, dass der Text viel besser als Hörbuch wirken könnte. Der Stil Falks entspricht ja eher der bayerischen Mundart. Und tatsächlich. Die anderen Teile habe ich mir als Hörbuch reingezogen und festgestellt: Die Falk-Krimis gelesen von Christian Tramitz sind Hörgenuss pur! Der Schauspieler ahmt die niederbayerische Mundart meine Meinung nach gut nach – nicht zu viel und nicht zu wenig. Finde zumindest ich als Niederbayerin 😉

Gerne auch „Trash“ als Hörbuch

Bevorzuge ich bei Büchern, die ich lese, eher komplizierte Geschichten und eigentlich auch renommierte Autoren – greif ich beim Hörbuch auch gerne auf „Trash“. Mein erstes Hörbuch war „Hummeldumm“ geschrieben und gelesen von Tommy Jaud. Dieses Buch lasse ich im Buchladen als gedrucktes Exemplar getrost links liegen. Als Hörbuch fand ich es hingegen witzig und unterhaltend. Wenn mir jemand das Buch vorliest, kann ich mich nämlich irgendwie weniger auf komplexen Inhalt oder schwierige Satzkonstruktionen konzentrieren – eben das was „geschriebene“ Literatur ansonsten ausmacht. Beim „public Hörbuch hearing“ bin ich abgelenk: Wann muss ich aussteigen/umsteigen? – Oh, eine Fahrkartenkontrolle! Das Hörbuch stoppe ich, sobald ich am Ziel bin. Der Wiedereinstieg in die Geschichte muss also möglichst unkompliziert sein.

Neuer Zugang auch zu Klassikern

Aber da die Ausnahme bekanntlich die Regel bestätigt, habe ich derzeit „große Literatur“ auf den Ohren: Die Buddenbrooks. Das Buch habe ich schon mindestens fünf Mal zu lesen begonnen und genauso oft wieder weggelegt. Meine Hörbuch-Variante zieht mich jetzt aber richtig in Bann. So kann ich mich endlich auf dieses Meisterwerk einlassen.

Fazit: Hörbücher haben mir völlig neue Literatur-Horizonte eröffnet. Sie sind für mich beim Pendeln und Reisen in öffentlichen Verkehrsmitteln ideal.

Zu Hause auf der Couch und im Bett bevorzuge ich aber dennoch das geschriebene Buch. Wenn ich aber den ganzen Tag in der Bibliothek verbracht habe, sind Hörbücher am Heimweg ideal. Denn trotz meiner Liebe zum gedruckten Wort, nach einem Arbeitstag in der Bib habe nicht einmal ich mehr Lust meine Nase auch noch „privat“ in Bücher zu stecken.

Hörbücher müssen nicht immer auf CD sein

Also, wer noch kein Hörbuch gehört hat, sollte das unbedingt einmal tun. Kleiner Tipp: Man muss sich nicht immer die durchaus kostspieligen CDs kaufen. Es gibt sie günstig im Internet zum runterladen bei AUDIBLE (wie meine Freundin Miriam hier berichtet) oder auch zum ausleihen in Bibliotheken. Die Stadtbibliothek München ist da für mich zum wahren Eldorado geworden 😉

Vea Kaiser: „Blasmusikpop“ – ungewöhnlicher Erstlingsroman einer 24-jährigen

19 Apr

BlasmusikpopNachdem ich Vea Kaiser bei Markus Lanz gesehen habe und – an dieser Stelle verzichte auf jeglichen Kommentar über das ZDF #ausgruenden.

Ich war beeindruckt von dieser Jungautorin, die Philologie studiert und dennoch ganz modern rüberkam. Vielleicht erinnerte mich das etwas an mich… In jedem Fall verknüpfte sie gekonnt griechische Geschichte und Zeitgeist – kompetent und witzig. So etwas gefällt mir und mir gefallen ungewöhnliche Romane. Von daher lieh ich mir ihr Buch Blasmusikpop sofort in der Stadtbibliothek aus. (Als Schwäbin im Herzen kaufe ich grundsätzlich nur Taschenbücher – da der Erstlingsroman aber erst erschienen ist, gibt es ihn nur als Hardcover.) Noch aus einem weiteren Grund bevorzuge ich Taschenbücher – schließlich nehme ich ein packendes Buch überall mit hin… In die U-Bahn, auf die Couch, in den Zug, in die Küche…

Bei Vea Kaisers Blasmusikpop war ich ehrlich gesagt „froh“, dass ich krank war und ein Wochenende auf der Couch verbringen konnte… eben weil es ein Hardcoverbuch ist, aber so spannend war. Die ersten rund 200 Seiten fraß ich in mich hinein. Ich konnte gar nicht genug bekommen. Für mich stellt es die wunderbare Mischung aus historischem Roman und witziger Geschichte dar. Wie der Untertitel sagt, berichtet Vea Kaiser darüber „(w)ie die Wissenschaft in die Berge kam“:

Ein Fischbandwurm bringt die Wissenschaft in die Berge

Johannes Gerlitzen zieht aus dem kleinen Bergdorf St. Peter am Anger aus, um Medizin studieren (übrigens ohne Matura) – Grund: Sein Fischbandwurm. Die Jungautorin beschreibt so realistisch die Skepsis der „Ureinwohner“ des Alpendorfes gegenüber Bildung. Die Geschichte könnte sich genauso zugetragen haben.

Nach dem Studium in der großen Stadt kehrt Dr. Gerlitzen wieder in seine Heimat zurück. Er will seinem Bergdorf medizinische Versorgung zu Teil werden lassen. Und ab diesem Zeitpunkt nimmt die Geschichte leider immer mehr an Qualität ab, wird unrealistischer und sarkastischer.

Trotzdem wollte ich wissen, wie es dem „Doktor Enkel“ Johannes A. Gerlitzen ergeht. Denn nach dem Tod seines „Doktor Opa“ verliert Johannes seine Bezugsperson. Forschen muss er von nun an allein. Nur durch Zufall kann er auf’s Gymnasium gehen. Seine Eltern und das gesamt Dorf hat kein Verständnis für die „Hochg’schissenen“. Und dann fällt Johannes durch die Matura – jedoch nicht aus Faulheit, sondern aus anderen Gründen (aber an dieser Stelle will ich nicht zu viel verraten, denn trotz kleiner Schwächen ist dieses Erstlingswerk unbedingt lesenswert!).

Jedenfalls „reift“ Johannes die verpatzte „Reifeprüfung“ erst richtig. Er nutzt diese unfreiwillige Pause als Gelegenheit, sein Dorf näher kennenzulernen – zunächst nur durch die Brille des neutralen Forschers. „Wie die Wissenschaft in die Berge kam“ als Grundmotiv des Romans – die einzelnen Romankapitel werden durch historiographische Betrachtungen im Stil von Herodot eingeleitet. So hat man am Ende des Romans auch die fiktive Geschichtsschreibung eines fiktiven Bergdorfes gelesen – ein originelle Idee!

Ich kann nicht genau sagen, warum mir der erste Teil des 479 Seiten starken Werkes so viel besser gefallen hat. Es liegt wohl u. a. daran, dass ich die Figur des Johannes A. Gerlitzen als zu überzeichnet empfunden habe. Etwas weniger Klischees hätten dem Buch sicher gut getan! Wie gesagt, ich will nicht zu viel verraten, aber am Ende öffnet sich nicht nur der junge Forscher der Welt, sondern durch ihn auch sein Dorf der Moderne.

Fazit: Vea Kaiser ist eine talentierte Jungautorin aus Österreich, die für ihr ungewöhnliches Studienfach glüht – das schlägt sich auch im Roman nieder. Ich werde sicher auch ihren nächsten Roman lesen, der dann vielleicht von Anfang bis Ende von gleichbleibender Qualität ist. In jedem Fall „Chapeau“ für diese junge, ungewöhnliche Frau – Lesebefehl!