Tag Archives: Niederbayern

Lesung zum 100. Geburtstag von Carl Amery: „Der Untergang der Stadt Passau“

8 Apr
Der Science-Fiction-Roman „Der Untergang der Stadt Passau“ ist aktuell nur noch antiquarisch erhältlich. (Foto: Winderl)

Es ist an Ironie kaum zu überbieten, dass die Lesung anlässlich des 100. Geburtstags Carl Amerys eine der ersten Veranstaltungen war, die ohne Maske besucht werden konnten. Schließlich hatte er seinen Science-Fiction-Roman „Der Untergang der Stadt Passau“* auf 131 post pestilenziam (Anno Domini 2112) datiert.

1975 war seine „Fingerübung“, wie Amery die etwas mehr als 100 Seiten umfassende „Huldigung“ an seine Jugendstadt nannte, bei Heyne erschienen. Recht viel länger hätte der Text für eine Lesung auch nicht sein dürfen, so konnte er am 7. April 2022 in gut vier Stunden in der Staatlichen Bibliothek Passau von vier Lesern vorgetragen werden. Anlass für das Carl-Amery-Festival war der 100. Geburtstag, den der bereits 2005 Verstorbene am 9. April gefeiert hätte.

Lesung Stabi Passau
Vier Stunden lang lasen aus „Der Untergang der Stadt Passau“ Dr. Marita Panzer, Bernhard Setzwein, Vera Botterbusch, Dr. Bernhard Forster und Arwed Vogel. (Foto: Winderl)

Dystopie aus Amerys Jugendstadt mit erschreckender Aktualität

Die „Stabi“ Passau war ein idealer Veranstaltungsort, denn „drüben“ im Leopoldinum hatte Christian Mayer, wie Amery bürgerlich hieß, das Gymnasium besucht, an dem auch seine Eltern unterrichteten. Er hatte denselben Lehrer wie der Eisner-Mörder Graf Arco.

Viele dieser historischen Verknüpfungen sind Gegenstand seiner literarischen Werke. (Wie vorzüglich die Darstellung der Verbindung des gräflichen Attentäters zum ehemaligen Hauslehrer in „Die Wallfahrer“* ist, wird in meiner Doktorarbeit erläutert.)

In „Untergang der Stadt Passau“ wird die Geschichte der Dreiflüssestadt mit einer dystopischen Situation verknüpft, die aufgrund des Ukraine-Kriegs irgendwie erschreckende Aktualität besitzt: Nach dem Ende der Elektrizität ist Passau, das bereits im Mittelalter durch Salz reich geworden war, wieder von großer Bedeutung im Salzhandel.

Ein bayerischer Querdenker

Amery haderte damit, dass das Genre Science-Fiction in der deutschen Literaturszene wenig anerkannt sei, weiß Filmemacherin Vera Botterbusch, die diesem bayerischen Patrioten für ihren Film „Die Zeit, die wir noch haben, Carl Amery – ein bayerischer Querdenker„, tief in die Seele geblickt hat. Vor der Lesung gab sie daher eine Einführung in Person und Werk. Dass der Begriff des Querdenkers heute negativ besetzt ist, habe sie in den 1990er Jahre nicht ahnen können. Das sei früher ja eine Wertschätzung gewesen, argumentierte sie. 

Es ist ohnehin schwer, Carl Amery zu kategorisieren: War er doch nicht nur als Schriftsteller Mitglied der Gruppe 47, sondern auch z. B. Gründungsmitglied der Grünen oder Leiter der Münchner Stadtbibliothek. Botterbusch, deren Amery-Portrait auch im Rahmen des Festivals gezeigt wurde, sagte, dass das Science-Fiction Genres zu ihm passte da er das Leben immer für die Zukunft gedacht habe.

Zum Programm des Carl-Amery-Festivals.

Festival-Programm im Hintergrund das Gymnasium Leopoldinum, das Amery in Passau besuchte. (Foto: Winderl)

Amerys Werke sind nicht unbedingt leichte Kost, aber persönlich berühren sie mich auf vielschichtige Weise… Daher sollte der „Der Untergang der Stadt Passau“ meines Erachtens – zumindest in seiner und meiner ehemaligen Schule, dem Leopoldinum – Pflichtlektüre werden.

Aktuell ist das Büchlein leider nur mehr antiquarisch zu erwerben. Wie schön, dass im Juni eine Neuauflage im SüdOstVerlag zu erscheinen scheint; sie kann hier* vorbestellt werden.

Mia für Taufik: CSU-Mitglied droht Abschiebung trotz Lehrplatz

16 Jun

Irgendwann war er im Kommunal-Wahlkampf einfach dabei, obwohl er gar nicht in Passau wohnt. Taufik wollte helfen, weil er das gerne tut. Der 21-jährige ist in Afghanistan geboren, aber Niederbayern ist ihm zur Heimat geworden. Jetzt soll er abgeschoben werden und versteht die Welt nicht mehr. 

//www.instagram.com/embed.js

Etwas witzig klingt es schon, wenn Taufik mit seinem Akzent bayerisch spricht, aber es zeigt, wie sehr er sich mit der Region verbunden fühlt: „Ich bin bei der Feierwehr in Rudating aktiv“ – seine Feuerwehr-Kameraden waren auch die ersten, die sich gegen seine Abschiebung engagierten. Ihr Post auf Facebook wurde über 900 Mal geteilt, weil Taufik einfach ein beliebter Kerl ist.

Da wollten wir in der „Stadt“ natürlich nicht hinten anstehen. Georg Steiner, der unterlegene OB-Kandidat der Passauer CSU, holte Freunde und Wahlkampfgefährten zusammen, um ein Foto zu machen, das die Solidarität mit Taufik zeigen soll. U. a. war der Kreisvorsitzende der CSU-Passau, Prof. Holm Putzke, dabei. Eine Demo oder Ähnliches wollte Taufik nicht – wegen Corona. Denn das haben wir noch nicht überwunden, sagt er. Taufik, dessen Name eigentlich Taufighulla lautet, hält sich an Regeln. 

Ihm ist wichtig, dass er „dem Staat nicht auf der Tasche liegt“ – wie er es selbst formuliert. Nach dem Hauptschulabschluss, den der 21-Jährige besteht, obwohl er erst in Deutschland lesen und schreiben gelernt hat, beginnt er eine Lehre als Schreiner. 

Taufik möchte in fünf Jahren selbst für ein politisches Amt kandidieren

Taufik ist engagiert in den sozialen Netzwerken unterwegs. Einmal stellt er ein Herz aus Holz auf Instagram ein und ich frage ihn, ob er das selbst gemacht hat. „Ich kann dir auch eins machen“, antwortet er auf meine Frage. 

Er war auch bereit, ein Unterstützer-Video für Georg Steiner mit mir aufzunehmen. Es berührte mich, weil er der Einzige der Gefilmten war, der in einem Land lebte, in dem es keine Demokratie gibt. Deswegen rief er dazu auf, zur Wahl zu gehen. Nach dem Video sage ich zu ihm: „In fünf Jahren kandidierst du selbst“. Das würde Taufik gern. Er weiß, welch hohes Gut unsere Demokratie ist. Er ist Mitglied in der CSU, einer Partei, die nicht als größte Fürsprecherin für Flüchtlinge gilt. „Die sollen die abschieben, die vergewaltigen und nicht arbeiten – nicht mich“ – mit dieser Aussage trifft er wohl die Meinung vieler CSU-Mitglieder. 

Mein Lettern hielten wir für das Unterstützter-Foto in die Kamera.

Taliban ermordeten seine Familie in Afghanistan

Mit 15 Jahren begab sich Taufik auf die Flucht, die er zum größten Teil zu Fuß zurücklegte: Seine leibliche Familie haben die Taliban in Afghanistan getötet. Hier in Ruderting hat er eine neue Familie gefunden. 

Soll es das gewesen sein?

Nach fünf Jahren in Niederbayern ist Taufik hier heimisch geworden und ein Vorbild für Integration, wenn er sich für neuangekommene Flüchtlinge engagiert. Fußball spielt er übrigens auch noch, nur Ministrant ist er nicht – wenn es nach seinem Parteikollegen Andi Scheuer geht, dürfte Taufiks Abschiebung also eigentlich gar nicht mehr möglich sein 😉

Beim Fototermin am vergangenen Samstag fällt der Feuerwehrpiepser ins Auge, den er an der schwarzen Stoffhose befestigt hat. Die Hemdsärmel hat er hochgekrempelt und gestikuliert mit den angewinkelten Armen beim Reden wie ein Jung-Politiker. Auf seiner Maske sind die Umrisse von Bayern abgebildet. Der Slogan „Mia für Taufik“ fiel mir für unsere Aktion spontan am Samstagmorgen ein. Schnell habe ich ihn am Vormittag gelettert, damit ihn am Nachmittag jeder in die Kamera zeigen konnte. Und passender hätte der Slogan wohl nicht ausfallen können! 

Und ich freu mich riesig, dass die Feuerwehr Ruderting daraus einen Profilfoto-Rahmen für Facebook erstellt hat. Denn die Botschaft soll möglichst viele erreichen: Dieser junge, engagierte Neu-Bayer darf nicht abgeschoben werden!

Der Name Taufigullah bedeutet „Erfolg“ – ich wünsche Taufik, wie ihn der Niederbayer der Einfachheit halber nennt, ganz viel Erfolg, dass er seine Zukunft in Bayern verbringen wird können! 

Streit um Stadtstrand in Passau: Mein Leserbrief (extended version)

8 Okt

Eine gekürzte Version des folgenden Beitrags habe ich als Leserbrief* an die Lokalredaktion Passau der PNP geschickt. Eigentlich ist das Thema Stadtstrand nicht mehr unbedingt ein Thema für Oktober. Doch die Debatte darum zieht sich im Passauer Stadtrat und wird wohl auch noch andauern. Weil ich gerne in Erinnerungen an den Summer in the City schwelge, lasse ich euch ausführlich daran Teilhaben. Und Bilder kann man als Leserbrief-Schreiber auch nicht für sich sprechen lassen. Ich hoffe, ich kann so deutlich machen, warum meiner Meinung nach die Dreifüssestadt einen Stadtstrand braucht:

Donaustrand Vilshofen

Auch wenn der weiße Sandstrand vielleicht nach Karibik aussieht. Das Foto wurde am Donaustrand in Vilshofen aufgenommen. Warum gibt es in Passau keinen Stadtstrand? (Foto: Winderl).

Nicht aus meiner für drei Flüsse bekannten Heimatstadt, sondern aus Berlin und München kenne ich das Modell Stadtstrand.

Seit ich vor einigen Jahren Praktikum im Bundestag gemacht habe, bin ich angefixt von der Idee Stadtstrand. Dort in Berlin musste man sogar Eintritt bezahlen. Doch mir gefiel dieser künstliche Strand, mitten in der Stadt gegenüber dem Bundespresseamt so gut, dass ich oft auch nur für ein Eis dort hinein bin.

Dementsprechend begeistert war ich, als ich nach München zog und erfuhr, dass es dort regelmäßig einen sog. Kulturstrand gibt. Dieses Jahr fand er sich zum Beispiel am Vater-Rhein-Brunnen in Blickweite zum Deutschen Museum, am Isarufer ein.

Wie freute ich mich, dass sich die CSU Passau-Stadt dieses Themas endlich annahm, obwohl ich es eigentlich eher von der SPD besetzt gesehen hätte.

Rund 20 Kilometer donauaufwärts hätten die ungläubigen Stadtväter heuer in Vilshofen am Donaustrand bewundern können, wie das Konzept auch in Niederbayern funktionieren kann. Aber dafür wurde das Thema wohl zu spät auf die Tagesordnung des Stadtrates gesetzt, denn das Vergnügen dort war nur von kurzer Dauer: Nach schon vier Wochen schloss der Vilshofener Strand seine Pforten bzw. klappte seine Liegestühle ein.

Kulturstrand München

Zum Vergleich: So funktioniert Stadtstrand in München. Der sog. Kulturstrand war heuer am Vater-Rhein-Brunnen angesiedelt – in Isar Nähe! (Foto: Winderl).

Mehr ist es auch kaum, denn für Strand-Feeling in unseren Breitengraden braucht es nicht viel: Etwas Sand, Palmen, Liegestühle (hat Stadtrat Steiner ja bereits öfter mit Linz-Branding im Einsatz). Das Ganze garniert mit (südlländischer) Musik (bestimmt kein „Bum-Bum“) und einem Verkaufsort für Getränke und Essen (denn „a fressads Gschäft geht allerweil“).

Die Preise in Vilshofen waren gegenüber denen München mehr als fair: Am Kulturstrand kostet eine Kugel Eis 2,60 Euro. Natürlich ist die dort vom feinen Eiscremehändler, das in Vilshofen kam am Steckerl aus der Kühlbox daher. Doch wer sich einige Meter vom Strand entfernte, war ja direkt am Stadtplatz und konnte sich dort Eiscreme vom Eiscafé seines Vertrauens gönnen.

Donaustrand in Vilshofen könnte Vorbild sein

An dieser Stelle einfach mal ein besonderer Dank an den Alt-Bürgermeister Gschwendtner, der durch den Ausbau die Donau für Vilshofen überhaupt erst nutzbar gemacht hat. Er ist sozusagen der geistige Vater des Stadtstrands als Event – hat doch die Donau seit dem klugen Umbau schon ohne Palmen sehr viel Strandfeeling.

donaustrand-vilshofen-getrc3a4nke.jpg

Die Preise in Vilshofen am Donaustrand waren fair. Der Cocktail „Sex on the Donaustrand“ kostete zum Beispiel 5,80 Euro. (Foto: Winderl).

Die Cocktails – mit ohne Alkohol – waren am Donaustrand lecker. Sogar ein „Sex on the Donaustrand“ hat es auf die Getränkekarte geschafft – Liebe zum Detail nennt man das wohl.

Und es ging so herrlich deutsch zu am Donaustrand: Die Liegestühle wurden besetzt wie man das vom Urlaub in Italien her gewohnt ist. Das funktionierte, auch wenn nicht alle ein Handtuch dabei haben, denn es soll ja durchaus auch Menschen geben, die ans Meer fahren, gar nicht um darin zu baden. Sie sitzen also nur in ihren Liegestühlen (im Optimalfall) oder liegen auf ihren Badehandtüchern. Den Unterschied vom Stadtstrand zum normalen Strand merken sie kaum. Es fischelt am Fluss sogar genauso wie am Meer – mit einem feinen Unterschied: Der Sand klebt nicht am nassen Körper, denn wenn überhaupt, werden nur die Füße vom kühlen Nass benetzt.

Stadtstrand als Realität gewordene soziale Gerechtigkeit

Stadtstrand Vilshofen an der Donau

Kleine und große Kinder hatten am Donaustrand ihren Spaß. Die kleineren gingen planschen in der Donau, die älteren erfreuten sich am aufblasbaren Schwimmtier – standesgemäß ein Schwan und kein Einhorn! (Foto: Privat).

Anders sieht es da hingegen bei den Kindern aus. Denn ihnen ist es egal, ob sie prestigeträchtig an der Côte d‘ Azur urlauben oder am Stadtstrand planschen und Sandburgen bauen. Sie gehen baden im kleinsten Brunnen (wie am sog. Kulturstrand in München) oder in der Donau in Vilshofen und haben hier wie im Süden ihren Spaß.

Vielleicht könnte man sogar soweit gehen, dass der Stadtstrand der „Urlaub des kleinen Mannes“ ist. Und gerade für Kinder finde ich es eine wunderbare Idee, ihnen einen Urlaub am Strand von Stadtseite her zu gönnen. Denn Sonne, Strand und gute Urlaubslaune ist so nicht mehr vom Geldbeutel der Eltern abhängig! Will so eine Realität gewordene soziale Gerechtigkeit ausgerechnet ein Sozialdemokrat den Passauern verwehren?

* Erschienen im Lokalteil Passau der PNP am Freitag, 6. Oktober 2017. S. 22.

 

Warum eigentlich ich „Kohls Mädchen“ bin

29 Jun

img_8773

Einblick in das Fotoalbum: Denn der Auftritt Helmut Kohls am 7. November 1982 in der Passauer Nibelungenhalle hat eine besondere Bedeutung für unsere Familie. Das Foto hat mein Papa gemacht. Wer den Herren links neben dem Bundeskanzler erkennt, darf gerne sein Wissen als Kommentar mit uns teilen!

Die Position von „Kohls Mädchen“ ist wohl in den letzten Lebensjahren von Angela Merkel auf seine Ehefrau Maike übergegangen. Doch warum eigentlich ich „Kohls Mädchen“ bin, das will ich euch heute, anlässlich seines Todes, berichten:

Bayern ist bekanntlich schwarz. Tiefschwarz. Doch dass Unions-Regenten direkt für Ehen und Kinder verantwortlich sind, das ist wohl auch in Bayern eher selten. Meine Eltern lernten sich jedoch bei einer Veranstaltung von Helmut Kohl in der Nibelungenhalle in Passau kennen. Dienstlich waren sie dort, beide waren sie bei der bayerischen Polizei. Mein Papa tat jedoch 1982 in Franken Dienst, sozusagen am anderen Ende des Freistaats und hätte wohl ohne den Auftritt des späteren Kanzlers der Einheit, meine Mutter im schönen Niederbayern nicht so schnell oder eher gar nicht kennengelernt. (Auch die Passauer Neue Presse erinnert hier an diesen historischen Auftritt – denn in Passau hielt Kohl eine seiner ersten Reden als Kanzler! Erst am 1. Oktober war er durch das konstruktive Misstrauensvotum an die Macht gekommen.)

Vielleicht war es für mich daher so undenkbar, dass Deutschland einen Kanzler haben könnte, der NICHT Helmut Kohl heißt. Am verlorenen Wahlabend des Jahres 1998 war ich entsprechend niedergeschlagen. Ja, ich interessierte mich schon sehr früh für Politik! Er reihte sich ein in die Liste „der ewigen Regenten“ meiner Jugend – Papst Johannes Paul II., Ministerpräsident Stoiber – von denen heute nur noch Königin Elizabeth übrig ist. An dieser Stelle: Long live our nobel Queen!

Kohl hätte meine Pate werden sollen

Leider hat Helmut Kohl nie davon erfahren, dass er so unmittelbar mit meiner Geburt zu tun hatte. Meine Mama hat sich zwar überlegt, an sein Büro zu schreiben und ihn um eine (Ehren)Patenschaft für mich zu bitten. Gemacht hat sie es jedoch leider nicht.

Die Familie Kohl habe ich aber auch nach der Kanzlerschaft, aus diesem persönlichen Interesse heraus, nie aus den Augen verloren. In studiVZ trat ich in die Gruppe ein: „Ehrenvorsitz für Dr. Helmut Kohl“ – die Gruppen dort beschrieben einen ja besser als das eigentliche Profil, auf dem ich als Heimatland „Europa“ angab. Ganz Kohlianer irgendwie.

Für diesen Blogpost habe ich mich extra in studiVZ eingeloggt und musste feststellen, dass die Helmut-Kohl-Gruppe inzwischen gelöscht ist. Ob ich schon vor der Löschung aus ihr austrat, weiß ich nicht.

Es dürfte wohl ungefähr zu der Zeit gewesen sein, als ich endgültig von studiVZ zu Facebook wechselte, dass ich Walter Kohls Buch „Leben oder gelebt werden“* nicht las, sondern vom Sohn selbst vorgelesen, als Hörbuch* hörte. Und irgendwie verabschiedet sich damit von mir ein Stück Erinnerung an eine heile Kindheit:

So gern hatte ich das Ehepaar Kohl am Wolfgangsee zusammen urlauben sehen. War das alles nur eine Inszenierung, wenn er entspannt (mit Strickjacke natürlich) seine Hannelore über den See ruderte und beide dabei in die Kameras lachten? Und jetzt soll er nicht einmal im Familiengrab beigesetzt werden? Das bleibt also am Ende von der Ehe eines so großen Christdemokraten!

Als Historikerin werde ich mit Argusaugen beobachten, was mit den Akten geschieht, die Kohl der Adenauer-Stiftung zunächst schon übereignet, dann jedoch wieder zurückgefordert hat. Sofern er dazu selbst überhaupt noch in der Lage war.

Wenn ich Fotos der neuen Frau Kohl mit dem Kanzler sehe, meine ich, dort Liebe zu erkennen. Aber wen geht das schon etwas an! Für mich jedoch wird Hannelore auf ewig „Frau Kohl“ bleiben. Ich weiß nicht, ob Dr. Maike Kohl-Richter ärgert, dass sie in die Geschichte wohl eben nicht als Frau vom Kohl eingehen wird und deshalb die alleinige Deutungshoheit über Kohls Lebenswerk für sich beansprucht?

Plant Diekmann ein Buch mit Kohl-Witwe?

Ich jedenfalls warte schon gespannt auf das Buch, das sie vielleicht mit Kai Diekmann schreiben wird. Das ist zu diesem Zeitpunkt nur eine Vermutung von mir. Wie es der Zufall will, habe ich Diekmann, just fast genau ein Jahr vor dem Tod des Altkanzlers, interviewt. Damals war er noch Bild-Chefredakteur und stritt mir ab, dass Kohl in Oggersheim lebt (hier nachzulesen und -sehen).

Natürlich lebte er in diesem Stadtteil Ludwigshafens, natürlich war mir klar, dass Kohl für seine provinziale Herkunft immer belächelt wurde. Kai Diekmann konnte natürlich auch nicht wissen, dass er mit „Kohls echtem Mädchen“ sprach 😉

Ich gebe zu, ich hätte Helmut Kohl gerne einmal „live“ gesehen. Als ich mit dem Zug durch Ludwigshafen fuhr, reckte ich meinen Kopf zu beiden Seiten des Waggons hinaus. Wahrscheinlich saß er zu diesem Zeitpunkt jedoch im Garten seines Bungalows – mit Strickjacke. Ich selbst liebe auch Strickjacken, einen Pfälzer Saumagen habe ich jedoch noch nicht gegessen. Macht nichts, denn jetzt wurde im Zuge der Berichterstattung über seinen Tod enthüllt, dass es gar nicht Kohls Lieblingsgericht gewesen sein soll.

Vielleicht ist es besser so, dass ich nie Kohls Patenkind geworden bin. Wer weiß, vielleicht forsche ich eines Tags über ihn. Möge er jetzt erstmal in Frieden seine ewige Ruhe finden dürfen! Ich danke Helmut Kohl für eine ganz besondere Einheit: Die Ehe meiner Eltern, die mich für immer zu „Kohls Mädchen“ gemacht hat!

CdAS-Spenden-Initiative für Hochwasseropfer aus Simbach

1 Aug

Wir können zwar nicht die Welt retten. Aber angesichts der unbegreiflichen Anschläge der vergangenen Tage können wir einfach bei uns anfangen, dass diese Welt wieder ein klein wenig menschlicher wird.

Mir ist bewusst, dass inzwischen andere Ereignisse die schrecklichen Bilder des Hochwassers in Niederbayern aus unserer medial gesteuerten Welt verdrängt haben. Doch die Menschen, die in Simbach und Umgebung ihr Hab und Gut – und noch schlimmer, zum Teil ihre Lieben verloren haben, für die ist das Leben nach dem Hochwasser noch immer grausame Realität: Die Wohnungen und Häuser noch immer unbewohnbar, unersetzbare Erinnerungen wie Fotos von Verstorbenen für immer verloren.

Vater von Kommilitonin im Hochwasser gestorben

Und weil wir eben nicht die Welt retten können, bitte ich meine Leser nur um einen kleinen Beitrag.
Es ist zwar nur EIN Schicksal, einer einzigen Familie, das mich in den vergangenen Wochen besonders bewegt hat – es handelt sich um die Familie einer ehem. Kommilitonin und Mit(alt)stipendiatin, über deren Schicksal ich bereits hier geschrieben habe. Aber in diesen Tagen wird mir bewusst, dass wir nicht darauf warten können, dass sich „die Gesellschaft“ ändert, sondern wir müssen bei uns selbst anfangen. In mein Poesiealbum hat meine Grundschullehrerin einen Spruch geschrieben, dessen Bedeutung mir in diesen Tagen immer öfter bewusst wird:
„Der Friede der Welt muss in unserem Herzen den Ursprung nehmen.“

Machen wir doch gemeinsam einen ersten Schritt, warten wir nicht darauf, dass „die Gesellschaft“ sich ändert, sondern beginnen wir in unserem Herzen und spenden für meine Bekannte, die ihren Vater im Hochwasser von Simbach verloren hat – bitte an folgendes Konto:

Kontoinhaber: CdAS Club der Altstipendiaten e.V.
Bank: HypoVereinsbank
Konto-Nr.: 0015 743 713, BLZ: 700 202 70
IBAN: DE60 7002 0270 0015 7437 13

Bitte als Betreff „Hochwasser Simbach“ nennen.

Herzlichen Dank an dieser Stelle an den CdAS (dem Club der Altstipendiaten der Hanns-Seidel-Stiftung), der meine Initiative unterstützt und das Konto eingerichtet hat. Die CdAS-Nothilfe wird zwar nicht die Welt retten können, aber dazu beitragen und uns zu erinnern, dass wir alle Menschen sind

Hochwasser-Katastrophe in Niederbayern: Bitte lasst die Hinterbliebenen in Ruhe

3 Jun

img_2010

Die Facebook-Funktion „an diesem Tag“ erinnert nicht nur an schöne Ereignisse. Zur Zeit zum Beispiel an meine Erinnerungen an das Hochwasser in Passau von 2013 (Fotoquelle: Screenshot).

Fast auf den Tag genau drei Jahre ist her, dass ich mich in diesem Blogpost über das Verhalten mancher Social-Media-Nutzer in der Hochwasser-Katastrophe (in Passau) aufgeregt habe. Horrormeldungen wurden verbreitet. Fluch und Segen der sozialen Netzwerke: Koordiniert wurde, hauptsächlich über Facebook, auch zum Beispiel das vorbildliche Hilfs-Projekt „Passau räumt auf“.
Exakt drei Jahre danach hat das Hochwasser meine Heimat Niederbayern wieder heimgesucht – nicht direkt meine Heimatstadt Passau, aber die benachbarten Landkreise Rottal-Inn und Passau sind dieses Mal betroffen. Facebook erinnert gerade viele Nutzer aus meiner Heimatregion daran: „Es ist schön, Erinnerungen wach zu halten. Wir könnten uns vorstellen, dass du gern an diesen Beitrag von vor 3 Jahren zurückdenkst.“

Vater via Facebook gesucht

Fluch und Segen: Ich erinnere mich, ich saß am Mittwoch in der Bibliothek in München als mich die Meldungen und vor allem Bilder der schlammigen Massen über soziale Medien erreichten, wie sie sich durch Simbach am Inn, Tann etc. wälzten.
„Lebt ihr noch?“, schrieb ich in die familieneigene whatsapp-Gruppe. Angesichts der Horrorszenarien, wie sie die Medien wieder propagierten, hatte ich Angst bekommen.
Vielleicht erging es meiner ehemaligen Studienkollegin ähnlich, nur hat sie das Pech, dass ihr Elternhaus direkt im Zentrum der Katastrophe, in Simbach am Inn steht. Wenig später erreichte mich in meiner Timeline der verzweifelte Aufruf, den ihr Bruder verfasst hat:

„Hochwasser Simbach am Inn.

Unser Vater Walter (…) wird vermisst. Zuletzt gesehen (…)Straße.

Informationen an: (Handynummern der Geschwister)

Bitte teilen!!!“

Natürlich habe ich sofort auf teilen geklickt. 8 400 Personen haben das ebenfalls getan. Und da ich auf Twitter bin, habe ich einen Screenshot auch dort verbreitet – über 200 Retweets waren es hier.
Schon zu diesem Zeitpunkt habe ich mich gefragt, ob ich das überhaupt tun sollte. Denn bekanntlich sind die sozialen Netzwerke „Fluch und Segen“… Man könnte sich nun ausrechnen, wie viele Menschen, darunter auch Medienvertreter, die Handynummern und die Adresse eines potentiellen Flutopfers hatten.

Screenshot des Suchaufrufs in der BILD

Gestern Abend hatten die Angehörigen dann traurige Gewissheit – nach Stunden des Hoffens und Bangens, unvorstellbar quälender Ungewissheit: Der Vater hat es nicht mehr raus aus dem Keller geschafft. Er ist das sechste Opfer der Hochwasser-Katastrophe von 2016. Zu diesem Zeitpunkt werden jedoch noch Personen vermisst.
Als wäre das alles für die Familie noch nicht genug! Den „verzweifelten“ Suchaufruf der Geschwister hat die BILD heute als Screenshot veröffentlicht – mit den Handynummern und der Adresse. Da wurde nichts geschwärzt. Auch die Kommentare der Facebook-Freunde des Sohnes sind zu lesen. Mit Namen versteht sich.
Gleich wäre man wieder da mit dem Urteil: BILD halt. Aber selbst in den Öffentlich-Rechtlichen ist man nicht pietätvoller. Dort verkündete eine Rettungskraft heute im Morgenmagazin vollmundig: „Den (Familiennamen) hat man da hinten rausgezogen.“ Sorry, liebes Moma-Magazin, aber muss man den O-Ton, in dem der Name eines Hochwasser-Opfers genannt wird, wirklich senden?
Handynummer kann man wechseln, aber die Erinnerungen bleiben. Auch Facebook wird sie zum Jahrestag der Familientragödie an diesen Beitrag erinnern. (Hier wird beschrieben, wie man die Funktion „An diesem Tag“ ausschalten kann.)

Der Familie habe ich bereits persönlich mein Beileid ausgesprochen. Sie brauchen jetzt Hilfe*. Auch wenn das im Moment vielleicht hinten ansteht, aber es geht dabei auch um finanzielle Unterstützung der Opfer und Hinterbliebenen. Hier sind die sozialen Netzwerke wieder Fluch und Segen: Wie nah sollen die Medien das Schicksal der Hochwasseropfer beleuchten (und über die sozialen Netzwerke verbreiten), damit der Spendenrubel rollt?

Wir entscheiden über die Art der Berichterstattung

Wir alle können mit unserem persönlichen Medienkonsum und insbesondere Klick-Verhalten über das WIE der Berichterstattung entscheiden. Ich persönlich würde mir mehr Fingerspitzengefühl wünschen. Oder nennen wir es ethisches, pietätvolles Verhalten. Die Berichterstattung auf Basis eines Screenshots des Hilfeaufrufs der Geschwister mit den persönlichen Daten halte ich für verwerflich – es ist für mich ein trauriges Beispiel wie Journalismus nicht funktionieren sollte!

Anmerkung: Aufgrund des Tenors meines Blogposts bitte ich um Verständnis, dass ich auf einen Screenshot des Hilfeaufrufs verzichtet habe. Ich habe schon daran zu knapperen, dass ich selbst die Daten verbreitet habe, in der Hoffnung, dass alles gut wird… Derweil lag der Vater vermutlich bereits tot im Keller.

* So können Sie helfen:
Spendenaktion der PNP für Hochwasser-Opfer
Spendenkonto des Landkreis Rottal-Inn –> Helfer können im Übrigen gratis mit der Südostbayernbahn anreisen

Heimatliebe Blogparade: Passau – Tagesausflug ins bayerische Venedig mit viel Kaffee

18 Apr

Teresas Liebling, der kleine Jack-Russell-Mix Mali, auf Mariahilf über den Dächern Passaus. Von dort hat meinen hervorragend Blick über die Altstadtzunge mit Dom inklusive Oberhaus (Foto-Winderl)

Teresas Liebling, der kleine Jack-Russell-Mix Mali, auf Mariahilf über den Dächern Passaus. Von dort hat meinen hervorragend Blick über die Altstadtzunge mit Dom inklusive Oberhaus (Foto-Winderl)

Nun wohne ich schon seit einigen Jahren in München. Aber wenn mich jemand fragt, woher ich komme, dann antworte ich ganz klar mit PASSAU. Denn Passau, dort wo Donau, Inn und (eigentlich die Ilz nicht exakt am selben Punkt) an der Ortsspitze zusammenfließen, da bin i dahoam! Heimatliebe pur also, deswegen beteilige ich mich gern an der Blogparade des Blogs “Teilzeitreisender”.

Meine Heimatstadt Passau hat mehr als Hochwasser(tourismus) zu bieten. Hier wurde der Wasserstand im letzten großen Hochwasser künstlerisch markiert. (Foto: Winderl)

Meine Heimatstadt Passau hat mehr als Hochwasser(tourismus) zu bieten. Hier wurde der Wasserstand im letzten großen Hochwasser künstlerisch markiert. (Foto: Winderl)

Passau, die niederbayerische Dreiflüssestadt, das „bayerische Venedig“ “im Herzen Europas” – am A* der Welt, wie ich gerne mit einem Augenzwinkern hinzufüge. Nicht weit haben wir es nach Wien (280km) und Prag (200km). Doch in die Landeshauptstadt haben wir noch immer keine direkte Autobahn (die A94 wird schon seit mehr als 30 Jahren gebaut, wir müssen ein kleines Dreieck über die A92 bei Deggendorf ausfahren) und auch auf der Schiene heißt es für uns Bummelzug fahren. Vielleicht kam mir in eben diesem Donau-Isar-„Express” auch die Idee, zusammen mit einem Kumpel, die ISARSPARER zu gründen. Denn am günstigsten kommt man mit dem Bayern-Ticket in meine Heimat, auch wenn die Zugfahrt etwas länger dauert. Doch das macht uns Passauern nichts! Denn der Niederbayer bleibt ohnehin am liebsten daheim, denn da ist es schließlich auch am schönsten! Der Bayerische Wald ist von uns auch nicht weit entfernt und dort gibt es das Sprücherl: „Du bekommst zwar einen Waidler aus dem Wald, aber nie den Wald aus dem Waidler.“ Und da ist was Wahres dran!

Nein, „Waidler“ sind wir noch nicht

Aber wir in Passau sind noch keine „Waidler“, da legen wir großen Wert drauf 😉 Aber eben heimatverbunden und gern dahoam. Unser Dialekt ist Niederbayerisch mit einem Hang zum Österreichischen. (Oberhalb des Weißwurst-Äquators wurde ich auch schon gefragt, ob Passau nicht in Österreich liege. Sieht man auch recht schön auf der Heimatliebe-Blogger-Landkarte unten..) Nein, das tut es (noch) nicht… Aber wir leben das Beste aus zwei „Welten“: Zum Tanken fahren wir zum Beispiel gern nach Österreich, weil es dort (noch immer) günstiger ist. Und Lebensmittel kaufen wir dort auch gerne ein, auch wenn es, wegen der höheren Mehrwertsteuer, etwas teurer ist, weil die Milch von noch glücklicheren Kühen einfach noch ein bisschen besser schmeckt.

Der Stephansdom gehört zum Pflichtprogramm

Von der Donau aus sieht die Altstadt von Passau etwas wie eine Insel ist. Das bayerische Venedig eben! (Foto: Winderl)

Von der Donau aus sieht die Altstadt von Passau etwas wie eine Insel ist. Das bayerische Venedig eben! (Foto: Winderl)

Und wir haben hier in Passau auch richtig tolle Kaffeehäuser ähnlich wie in Wien. Ja, vielleicht fangen wir meine kleine Tour durch meine Heimatstadt so an: Wer die Dreiflüssestadt besucht, sollte schon unseren Dom besichtigt haben – mit der größten (Kirchen)orgel der Welt. Diese Einschränkung braucht es, weil irgend ein Ami eine noch größer Orgel gebaut hat. Ich selbst war viele Jahre Dom-Ministrantin und es war immer ein Erlebnis, wenn zum Beispiel das Osterhalleluja ertönt ist und der hauptberufliche Organist an seinem Instrument nahezu alle Pfeifen ausgespielt hat. Aber obwohl wir in Passau sehr katholisch sind (im Übrigen das katholikenstärkste Bistum Deutschlands), findet auch bei uns nicht rund um die Uhr ein Gottesdienst im Stephansdom statt. Die Alternative dazu lautet: Besuche ein Orgelkonzert, das nur ein paar Euro Eintritt kostet. Die Orgel wird da so richtig ausgespielt – im Galopp durch die Jahrhunderte der Orgelmusik quasi. Seit Kurzem haben wir für unseren Stephansdom sogar einen Bischof namens Stefan! Und gleich neben dem Dom gibt es das Café Stephan’s Dom, dessen Name jedoch keine Besitzanzeige des Bischofs darstellt, jedoch sehr zu empfehlen ist. So ein tolles Café sieht man wirklich selten – es ist im „neo-barocken“ Stil eingerichtet, nur die Öffnungszeiten (bis 18 Uhr) sind etwas „provinziell“ – oder auf die Tagestouristen abgestimmt. Ganz wie man es sehen will… Allein es wird einem dort kein Touri-Fraas vorgesetzt, die Kuchen sind aus der Hand Passaus’ bekanntesten Konditors! Am segnenden König Max vorbei (es ist eine Segenshand und nichts anderes – wie uns das Filme schon weis machen wollten), gelangt man rechts in die Luragogasse mit dem Café Anton.

Kaffeehauskultur fast schon wie in Wien

Lurago, Carlone… Die kleinen pittoresken Gässchen tragen übrigens gerne Namen italienischer Baumeister des Domes. Denn nach dem Stadtbrand von 1662 haben in Passau vor allem Italiener gewirkt, unter anderem ist deshalb wohl vom „bayerischen Venedig“ die Rede. Gut, zu Hochwasserzeiten haben wir ja auch Venedig-Feeling pur – da werden Staatsexamenskandidaten in der Universitätsstadt schon mal am Prüfungstag per Boot von zu Hause abgeholt. Und weil die Altstadt von der Donau aus betrachtet wie eine Insel und somit wie Venedig aussieht. Aber dazu später. Noch einige Worte zu meinem Lieblingskaffeehaus, dem Café Anton: Nirgendwo gibt es besseren Kaffee. Hier fühl ich mich als Wien-Liebhaberin pudelwohl! Es gibt dort zum Beispiel Sacher-Würstel mit Kren. Alles schon eben etwas österreichisch in der Grenzstadt!

Dreiflüsserundfahrt ein Muss

So gestärkt, kann man sich dann auf eine Schifferl-Fahrt begeben. Die Anlegestellen gegenüber dem Rathaus sind vom Domplatz aus in wenigen Gehminuten zu erreichen. Zumindest eine „kleine“ Dreiflüsserundfahrt ist eigentlich Pflicht und kostet, wer Großstadt-Preise gewohnt ist, nur ein paar Euro. Wer etwas längere Zeit auf der Donau verbringen will – nachdem Inn und Ilz in die Donau gemündet sind, heißt der Fluss nur mehr Donau – kann sich eine Fahrt auf dem Swarovski-Kristallschiff gönnen. Ihr könnt euch sicher vorstellen wie es da funkelt, wenn die Sonne auf die einzelnen Kristalle trifft. Unbeschreiblich schön und entspannend ist die Fahrt nach Österreich! Und Getränke, Eis oder Essen an Bord sind überraschend günstig für eine solche Touristen-Attraktion. (Ja, da kommt wieder ganz die ISARSPARERIN durch 😉 )

Neue Mitte thront über der Altstadt

Unsere alte Fußgängerzone, die mit den romantischen Gässchen wirklich schön war, hat man vor einigen Jahren für ein überdachtes Einkaufszentrum abgeschafft. Die Stadtgalerie thront nun in der so genannten Neuen Mitte. Dort wo einst Franz Josef Strauß am Politischen Aschermittwoch in der Nibelungenhalle sprach – viele pilgern wegen der CSU-Veranstaltung noch heute jährlich nach Passau – steht jetzt der Stadtturm. In diesem gibt es ein weiteres tolles Café, das Café Diwan in dem die besten Plätze mit dem schönsten Blick über Passau natürlich besonders schnell weg sind. Auch hier schmeckt der Kuchen recht gut, weil es derselbe Pächter wie im Café Stephansdom ist und Greindl heißt. Der neu gebaute Stadtturm ragt über die mittelalterliche Altstadt und ist auch von den zwei beliebten Aussichtspunkten Oberhaus und Mariahilf auszumachen. Ich würde empfehlen, unbedingt einen der beiden “Berge” zu „besteigen“ – nicht nur der Ausblick entschädigt einen für die Strapazen. Auf Mariahilf ist es zudem die Muttergottes in der gleichnamigen Wallfahrtkirche. An Stelle der Straße kann man alternativ auch die Wallfahrtsstiege für den Aufstieg nutzen.

Eterna: Premiumhemden aus Passau

Ausblick aus dem Café Diwan im Stadtturm der sog. Neuen Mitte. Die besten Plätze mit dem schönsten Ausblick sind dort schnell weg. (Foto: Winderl)

Ausblick aus dem Café Diwan im Stadtturm der sog. Neuen Mitte. Die besten Plätze mit dem schönsten Ausblick sind dort schnell weg. (Foto: Winderl)

Und auf Oberhaus gibt es ein weiteres Café für die Verschnaufpause nach der Wanderung. Der Blick über die Stadt ist atemberaubend, allein mir schmeckt es dort nicht so gut wie in meinen “Stammkaffeehäusern”. Aber das ist natürlich reine Geschmackssache! Als überzeugte ISARSPARERIN muss ich euch natürlich noch unbedingt verraten, wo man in Passau sparen kann – der Tagesausflug soll sich schließlich auch auszahlen 😉 In Passau hat die Bekleidungsfirma eterna ihren Hauptsitz. So gibt es dort in der Sperrwies ein Outlet. Wer aus beruflichen Gründen oft Hemden tragen muss, der kann sich in Passau für den Rest des Geschäftsjahres richtig eindecken. Ich persönlich liebe jedoch mehr das Factory-Outlet der Schuhmarke Högl im benachbarten Oberösterreich, weil mir die Blusen von eterna leider nicht so optimal passen. Aber das alles und noch viel mehr könnt ihr ja direkt auf ISARSPARER nachlesen. Ich hoffe, ich konnte euer Interesse für meine Heimatstadt Passau wecken, das mehr als Hochwasser-Tourismus zu bieten hat. Von den kulturellen Veranstaltungen habe ich zum Beispiel gar nichts erzählt, aber unsere Festspiele Europäische Wochen und das Museum Moderner Kunst beispielsweise müssen sich auch nicht hinter den Metropoleregionen  verstecken. Ganz im Gegenteil! Passau ist vielleicht klein, aber fein – ein echtes Donaujuwel, unser bayerisches Venedig. Ich bin hier gerne dahoam und die Nähe zu unseren europäischen Nachbarn hat mich geprägt: In Bayern geboren, in Europa zu Hause – das bin ich als Passauerin!

Herbstmilch: Für’s Leben lernen von Anna Wimschneider, der niederbayerischen Bäuerin

20 Jul

Es ist nur ein schmales Büchlein – Herbstmilch von Anna Wimschneider hat nur etwas mehr als 100 Seiten. Und dennoch kann der Leser in diesem Buch mehr über das Leben in Niederbayern im 20. Jahrhundert erfahren, als aus 100 Geschichtsbüchern.

Anna Wimschneiders Sprache ist so ehrlich und einfach wie sie selbst. Das macht den Bericht über ihr Leben als Bäuerin im „Armenhaus“ Bayerns, in Niederbayern, so authentisch.

Im Alter von acht Jahren verliert die kleine Anna ihre Mutter. Als wäre dieses Ereignis für das Kind nicht einschneidend genug, von jetzt an muss sich das Mädchen auch noch um den Haushalt und ihre kleineren Geschwister kümmern.

Statt sich in Klagen über ihre harte Kindheit zu verlieren, gewährt sie dem Leser lieber einen Einblick in die kleinen Freuden des bäuerlichen Alltags, wie etwa der Geburt eines Kalbes.

Kein Einzelschicksal

Anna Wimschneiders Lebensgeschichte ist kein Einzelschicksal. So wie der „Wimschneiderin“ erging es wohl dem Großteil der überwiegend bäuerlich geprägten Bevölkerung Niederbayerns – doch nur sie hat es aufgeschrieben und uns so ein wertvolles zeitgeschichtliches Dokument hinterlassen. Das Buch wurde also so in den 80er Jahren verdient zum Bestseller.

Vilsmaier Verfilmung mit Dana Vávrová

Der bayersiche Filmemacher, Joseph Vilsmaier, machte sich an die Verfilmung des autobiografischen Büchleins „Herbstmilch“.

Vilsmaier zeigt im gleichnamigen Film „Herbstmilch“ das bäuerliche Leben wie es war. Auch wenn das nicht immer ästhetisch für den Zuschauer ist, den Dreck nicht nur unter den Fingernägeln der Darsteller zu sehen.

„Herbstmilch“ – ein niederbayerisches Kulturgut

Für mich ist das Buch deswegen so wertvoll, weil ich es für ein echtes niederbayerisches Kulturgut halte. Aus diesem Grund würde ich es auch für wichtig erachten, es als Pflichtlektüre an bayerischen Schulen einzuführen.

Auch die Hochschulen sollten dieser „einfachen“ Frau ein Denkmal setzen, weil man aus ihrer Lebensgeschichte viel lernen kann.

Ich freue mich daher, dass der Studentische Konvent/ das Studierendenparlament der Uni Passau meinen Antrag angenommen hat, nach Anna Wimschneider einen Hörsaal zu benennen. (Hier der Antragstext für Anna-Wimschneider-Hörsaal)

Gegen den Ausverkauf von Hörsaal-Namen an der Uni Passau

Der Beschluss des Konvents hat leider nur beratende Funktion für die Uni-Leitung. Ich hoffe daher, dass diese die Namen unserer Hörsäle künftig nicht nur verkaufen, sondern Anna Wimschneider ein ehrendes Denkmal setzen wird.

PSts. Dr. Andreas Scheuer führt Niederbayerns größten Motorrad-Korso an

2 Mai

Psts. Dr. Andreas Scheuer machte das Fahren auf einem Segway, der nur durch Verlagerung des Körpergewichts gesteuert wird sichtlich Spaß.

Der 1. Mai ist für Motorradfahrer und Fans der motorisierten Zweiräder schon zur festen Institution geworden. Denn am Maifeiertag findet traditionell eine ökumenische Motorradweihe am Ederhof in Hinding bei Ortenburg statt, die der MSC Ortenburg organisiert. Tausende von Bikern zieht es dann ins idyllische Niederbayern. Und 2011 noch einen besonderen Gast…

Verkehrssicherheit kam bei ökumenischer Motorradweihe nicht zu kurz

Neben dem Gottesdienst, den ein motorradfahrender Pfarrer hielt, lockte wie immer ein interessantes Rahmenprogramm. Seit einigen Jahren mit von der Partie sind auch die Verkehrswachten Passau und Freyung-Grafenau. An ihrem Stand konnten sich Biker und Gäste über Verkehrssicherheit informieren und auch einen professionellen Sehtest durchführen lassen. Das Highlight bei Jung und Alt ist jedoch immer der „Honda Riding Trainer“, den Lukas Nowotny leidenschaftlich bedient. Mittels eines Computers wird eine Motorradfahrt simuliert, die immer wieder von tückischen Situationen, wie etwa Sand auf der Fahrbahn, „gestört“ wird.

Trachtenjanker statt Bikerkluft

Durch die Veranstaltung führte Martin Gruber vom Bayerischen Rundfunk. Verkehrswachtsvorsitzender Günter Obermüller und Jo Winderl, ebenfalls von der Vekehrswacht freuten sich besonders, PSts. Dr. Andreas Scheuer als Schirmherrn begrüßen zu dürfen. Die drei Vekehrsexperten wurden von BR-Moderator Gruber über Verkehrssicherheit interviewt.

PSts. Scheuer im Gespräch mit Günter Obermüller von der Verkehrswacht Freyung-Grafenau.

Für Andi Scheuer war es eine Ehrensache, dass er die Veranstaltung besuchte. Denn der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister ist auch privat ein Fan von „Pferdestärken“. Der CSU-Abgeordnete „entschuldigte“ sich bei den Bikern, dass er statt in der passenderen Lederjacke im Trachtenjanker erschienen ist – er hatte vorher am Maidult-Umzug in Passau teilgenommen.

An der Spitze mit einem 50er-Roller

Höhepunkt der ganzen Veranstaltung ist jedes Jahr ein Motorrad-Korso. Klar, dass es sich der Vekehrsstaatssekretär nicht nehmen ließ, Niederbayerns größten Motorrad-Koros anzuführen – mit einem 50er-Roller. Auch ohne Bikerkluft und vielen PS machte der junge, sympathische Bundestagsabgeordnete dabei eine gute Figur!

Mi einem 50er-Roller führte PSts. Dr. Scheuer Niederbayerns größten Motorrad-Korso 2011 an.

Heraldik: Geschichte des Wappens der Universität Passau

18 Apr

Zugegeben, es mag lebensnotwendigere Dinge als Heraldik geben. Heraldiker beschäftigen sich mit Wappen. Aber ist nicht auch ein Krimi nicht unbedingt lebensnotwendig und dennoch spannend? Die Geschichte über das Wappen der Universität Passau erinnert in manchen Episoden an einen hochspannenden Krimi, der zumindest Geschichtsfans Gänsehaut bekommen lässt.

Die Uni Passau hat (noch?) kein Wappen

Das Logo der Universität Passau, das wegen des Schriftzugs kein Wappen darstellt.rstellDoch gleich vorweg, die niederbayerische Hochschule besitzt (noch?) kein Wappen! Sie hat lediglich ein grau-orangefarbenes Logo mit Schriftzug. Denn Prof. Dr. Thomas Frenz weiß: „Ein „gutes“ Wappen enthält keine Schrift. Die Heraldik ist eine Bildsprache.“ Der Historiker ist Inhaber der Professur für Historische Hilfswissenschaften an der Uni Passau. Um in dieser Teildisziplin der Geschichtswissenschaft historische Quellen aufarbeiten zu können, beschäftigt er sich auch unter anderem eingehender mit der Heraldik.

Informatik-Gebäude als Vorlage für das Uni-Logo

Dem Uni-Logo diente das Portal des Informatik-Gebäudes als Vorlage. Die unterhalb abgebildeten fünf dynamischen Schwingen sollen Hörsaalreihen darstellen, die wiederum die fünf Fakultäten symbolisieren. Das Corporate Design hat Stefan Dahinten -im Übrigen ein Passauer Alumni- bereits 2003 entwickelt. Mit dem Wintersemester 2009/2010 ist jedoch die Katholisch Theologische Fakultät (KT) in die Philosophische Fakultät eingegliedert worden. Müsste man nun nicht eigentlich eine Hörsaalreihe aus dem Logo entfernen? Der Sprecher des neu geschaffenen Departments für Katholische Theologie, Prof. Dr. Isidor Baumgartner sieht das folgendermaßen: „Streng genommen ist die KT nicht aufgelöst, sondern lediglich für „ruhend“ erklärt worden. Aus diesem Grund halte ich es für angebracht, wenn das Uni-Logo weiterhin an die KT erinnert.“

Siegel der Uni-Vorgängerin übernommen

Die Siegelabbildung der Uni Passau ist auch kein Wappen.Doch die Theologen kommen noch einmal in der Geschichte um das Wappen einer Uni, die eigentlich kein Wappen besitzt, zum Zug. Immerhin war die KT nicht nur Gründungsfakultät der jüngsten Universität Bayerns, ihre Geschichte reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Doch soweit müssen wir für unsere kleine Wappenkunde nicht zurückgehen: „Im Jahr 1978, dem Gründungsjahr der Uni, hat man einfach das Siegel der Vorgängerinstitution, der Philosophisch-Theologischen Hochschule übernommen“, erklärt Prof. Frenz.

Das Siegelbild dieser Hochschule war eine so genannte „Maria vom Siege“: Maria steht darauf auf der Mondsichel und trägt das Jesuskind auf dem Arm, das seinerseits mit dem Kreuzstab einen Drachen tötet.

Der „Passauer Madonnenstreit“

Doch eine Universität müsse „konfessions- und religionsneutral“ sein, war sich der mittlerweile emeritierte Passauer Soziologieprofessor Adolf Mintzel sicher. So kam es in den 1990er Jahren zum „Passauer Madonnenstreit“. „Ich habe damals dem Rektor einen Brief geschrieben, in dem ich darauf hinwies, dass die Abbildung von Heiligenfiguren auf Universitätssiegeln allgemein üblich ist“, erinnert sich Prof. Frenz. Besonders ärgert den Wissenschaftler, dass Mintzel im „Passauer Madonnenstreit“, die Siegelabbildung fälschlicherweise als Wappen bezeichnete. Aber das ist eine heraldische Spitzfindigkeit.

Interessanter ist, warum die Philosophisch-Theologische Hochschule, 1950 eben dieses Siegelbild gewählt hat. Und das kam so: 1933 war der Rektor der Hochschule, Prälat Franz Xaver Eggersdorfer, von den Nationalsozialisten aus seinem Amt entfernt worden. In der Zeit der unfreiwilligen Muße, verfasste er eine Geschichte seiner Hochschule, auf deren Umschlag die „Maria vom Siege“ abgebildet war. „Zudem hatte man in der NS-Zeit ein Hakenkreuzsiegel verwenden müssen, das bis 1950 in der Mitte leer war, weil man das Hakenkreuz nach Kriegsende herausgekratzt hatte“, erläutert Prof. Frenz. Die Botschaft, die dahinter steckt, ist eigentlich klar: Die Madonna mit dem göttlichen Kind überwindet die widergöttliche Ideologie der Nationalsozialisten.

UP-Logo als konfessions- und religionsneutrale Lösung

Doch im „Passauer Madonnenstreit“ der 1990er Jahre musste eine „konfessions- und religionsneutrale“ Lösung her. Also kreierte man kurzerhand ein Logo mit den Initialen der Uni „UP“. UP steht für Universität Passau. Prof. Frenz erinnert dies jedoch eher an „einstürzende Neubauten“.

Vom Streit um eine Madonna und fünf Fakultäten zum lesenden Wolf?

Ein Vorschlag für das Wappen der Universität Passau von Prof. Frenz.

Und überhaupt hätte der Historiker eine hervorragende Idee, wie man den „Passauer Madonnenstreit“ vielleicht vergessen und auch das Problem mit den eigentlich nur mehr vier Fakultäten umgehen könnte: Die Universität Passau sollte ein Wappen führen!

Der Historiker erklärt, dass in vielen Universitätswappen ein Buch vorkäme. Gerne werde auch ein lokaler Bezug hergestellt: „Ich schlage deshalb vor, dass wir den Passauer Wolf als Grundlage nehmen, ihm aber ein Buch zu halten geben. Und außerdem einen Bezug zu Bayern herstellen, in dem wir in das Schildhaupt die bayerischen Farben setzen.“

Wie gesagt, Heraldik ist nicht lebensnotwendig, aber spannend ist die Geschichte um das Wappen der Universität Passau allemal. Und wer weiß, vielleicht ist die Geschichte auch noch nicht zu Ende…