Dass der Deutsche Historikertag keine so hippe Tagung wie die Republica ist, das ist irgendwie selbst erklärend. Aber dennoch gab es einen Hashtag, Veranstaltungen über Digital Humanities und sogar ein Bloggertreffen, von dem ich euch berichten möchte:
Der Sascha Lobo der deutschen Historiker heißt @Mareike2405, ist weiblich, lebt und forscht in Paris am dortigen Deutschen Historischen Institut. Eigentlich wollte ich schreiben, „während in den Sektionen noch über die Notwendigkeit digitaler historischer Grundwissenschaften diskutiert wurde…“ Aber das wäre falsch zu behaupten, denn dass die Notwendigkeit längst vorhanden wäre, war allen Anwesenden bewusst – auf dem Podium sowie im Publikum, das jedoch aus auffallend wenigen Professoren bestanden hat.
Es ist also noch ein weiter Weg, den die bloggenden und twitternden Historikerinnen und Historiker zurücklegen werden müssen, aber gemeinsam geht alles besser und so traf man sich am letzten Konferenztag in der Twitter-Lounge, um barcampmäßig den eigenen Blog zu präsentieren: Zur Seite stand Dr. Mareike König dabei @karolinedoering.
Seit 2012 betreibt sie mit zwei Bekannten DEN Mittelalter-Blog. Vorweg, einige dieser historischen Blogs sind nicht selbst gehostet, sondern über Hypotheses.
Hypotheses ist das WordPress der Wissenschaftsblogs
Kostenlos kann man dort einen wissenschaftlichen Blog eröffnen, Zielgruppe sind die Geistes- und Sozialwissenschaften. Dr. Karoline Döring hebt vor allem die Gemeinschaft hervor, die es bei Hypothese gebe. Der Blog selbst basiert auf WordPress, ist aber eben schon durch die Adresse als wissenschaftlich auszumachen.
Selbst gehostet hat der Doktorand Yves Vincent Grossmann seinen Blog . „Um schreiben zu üben“, habe er angefangen zu bloggen und berichtet regelmäßig über den Fortschritt seiner Dissertation.
„Ich habe den Anspruch, immer etwas auf meinem Blog zu zitieren“, sagt Dr. Burkhard Conrad in der kurzen Präsentation seines Blogs. Der Unterschied zu den etablierten Sektionen am Deutschen Historikertags wird deutlich: Manche dauern dort 3,5 Stunden, den Bloggern (muss) eine genügen 😉
Dr. Conrad ist Laiendominikaner, sein Blog heißt Rotsinn und ist bei WordPress gehostet. Die Motivationen, einen eigenen Blog zu betreiben, sind also unterschiedlich.
Alle anderen (außer mir), die an diesem frühen Freitagnachmittag in Hamburg ihren Blog präsentieren, setzen auf das Blogportal Hypotheses.
Torsten Hiltmann stellt seinen Blog „Heraldica Nova“ vor. (Wer nicht weiß, was Heraldik ist, liest seinen Blog oder meinen Blogpost ;)) Die Postings sind in Deutsch, Englisch und Französisch verfasst und ziehen Laien-Experten gleichermaßen an wie Wissenschaftler.
Blogposts über Forschungsergebnisse, die sonst unter den Tisch fallen würden
Selbstverständlich bloggt auch die Leiterin der Session, Dr. Mareike König und zwar gleich auf verschiedenen Blogs. Ihren über das 19. Jahrhundert sieht sie selbst als eine Art Dokumentation und verrät den bloggenden Historiker-Kollegen, welches ihr meist geklickter Beitrag ist: Er trägt den spannenden Titel „Bitte leeren Sie den Papierkorb, Madame!“. Was es mit Madame Bastian auf sich hat, erfahrt ihr selbstverständlich im verlinkten Blogpost. So viel vorab: Es ist eine nette Hintergrundinfo über die Dreyfusaffäre, die jedoch, wie die promovierte Historikerin selbstkritisch feststellt, keinen Artikel wert wäre.
Monetarisierung bei Wissenschaftsblags kein Thema
Als ich ein paar Anekdoten über den Blogger-Stammtisch in München einstreue und, dass es in der bayerischen Landeshauptstadt seit Kurzem sogar einen Bloggerclub e. V. gibt, geraten die bloggenden Historiker etwas ins Staunen. Geld verdienen mit dem eigenen Blog? Das geht?
Bei bloggenden Wissenschaftlern stehen andere Dinge als die Monetarisierung im Fokus – Hypotheses ist zudem gänzlich werbefrei. Was ist ein Blogpost wissenschaftlich gesehen wert? Wie bringt man Kolleginnen und Kollegen dazu, Zeit in einen Blogpost zu investieren, wenn eine Publikation auf Totholz noch sehr viel mehr angesehen ist? Kann ein Blog künftig den Rang einer (online) Fachzeitschrift haben?
Weiter geht’s auf dem Histocamp in Mainz
Die Blogger-Session auf dem Deutschen Historikertag hat Appetit gemacht – mehr konnten die wenigen Veranstaltungen nicht leisten: Aber ich fuhr nach Hause mit der Erkenntnis, dass es bloggende Kolleginnen und Kollegen gibt. Auch wenn nicht alle an der Session teilgenommen haben, gell @citoyenberlin 😉
Über die Vernetzung und viele weitere spannende Dinge können wir beim histocamp weiterdiskutieren – ja, ein echtes „BarCamp für alle, die an und mit Geschichte arbeiten“. Karoline mit dem Mittelalter-Blog gehört zu den Organisatoren. Und wie sagte schon Simone de Beauvoir? „Man kommt nicht als langweilige Historikerin zur Welt, man wird dazu gemacht.“*
* zitiert nach Team Open History e . V.