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Nach Blogeintrag: Am runden Tisch mit der Sparkasse Passau

18 Sept

Ich sollte mich nicht einlullen lassen, twitterten mir Leute im Vorfeld meines Gesprächs mit den Vertreten der Sparkasse Passau – und mir einen Kugelschreiber schenken lassen 😉

Einen Kugelschreiber bekam ich am vergangenen Donnerstag zwar nicht, aber einen guten und ehrlichen Einblick in die Führungsebene der Sparkasse. Begleitet hat mich meine langjährige Freundin, Jana Buchbauer, die auch seit Jahren ein Konto bei der Sparkasse hat.

Am runden Tisch mit den Mitarbeitern der Sparkasse Passau (von links) Horst Gebetsberger, Alexandra Schuhbauer, teresaohneh, Jana Buchbauer und Hans-Rudolf Dorfner.

„Wir stecken mit unseren Aktivitäten im Social Web noch in den Kinderschuhen“, das war der Grundtenor, der sich am runden Tisch herauskristallisierte und wie es Alexandra Schuhbauer treffend auf den Punkt brachte.

Entschuldigung von Horst Gebetsberger

Das war mir auch irgendwie vorher klar, wenn ich an den Brief dachte, den ich von Marktdirektor Horst Gebetsberger als Reaktion auf meinen Blogeintrag bekommen hatte. Gebetsberger entschuldigte sich hierfür auch bei mir.

Offen und ehrlich sprachen wir über die Wellen, die mein Blogeintrag geschlagen hatte. Ich zeigte den Mitarbeitern der Sparkasse auch meine Blog-Statistiken und Kommentare, die auf meiner Facebook-Seite gemacht wurden und für die Sparkasse logischerweise nicht einsehbar sind.

Social-Media als Kapazität- und Kostenfrage 

Allen war klar, dass die Sparkasse etwas im Social-Media-Bereich tun muss. „Ihr Blogeintrag hat diese Dynamik sicher noch beschleunigt“, meinte Hans-Rudolf Dorfner. Ich erfuhr, dass der Sparkassen-Verband derzeit ein Konzept entwickelt und dass es auch in Passau eine Einheit gibt, die sich damit beschäftigt. „Das ist selbstverständlich auch eine Kapazitäts- und Kostenfrage“, sagte Dorfner. Einen Kommentar darauf konnte ich mir natürlich nicht verkneifen: „Das Web ist völlig kostenfrei und, dass die Sparkasse nicht ein paar übrige personelle Kapazitäten hat, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen…“ Ich gebe zu, so ganz habe ich bis heute nicht verstanden, wer von den Dreien jetzt genau welchen Posten bekleidet und wie genau der Verwaltungsapparat ausdifferenziert ist. Aber ok, das war ja auch nicht mein Thema…

Vernetzt mit der Vorstandsvorsitzenden

Hans-Rudolf Dorfner fragte sehr höflich, ob die Sparkasse Passau denn in einem oder einem halben Jahr noch einmal bei mir nachfragen dürfe, wie bzw. ob sich auf diesem Sektor meiner Meinung nach etwas getan habe. Natürlich komme ich dem gerne nach, immerhin sind Dorfner und ich mittlerweile auch auf XING vernetzt. Die Wege werden für mich wohl auch zur Vorstandsvorsitzenden Renate Braun kürzer, denn auch sie schickte mir eine Kontaktanfrage im Business-Netzwerk. Wohlgemerkt machte das Renate Braun persönlich und nicht irgendjemand in ihrem Auftrag. Ich finde, das zeugt wirklich von Stil!

Alles in allem hatte ich wirklich das Gefühl, dass die Sparkasse Passau auf die Kundenmeinung etwas gibt. Alexandra Schuhbauer betonte mehrmals, dass mein Feedback sehr wichtig sei – auch wenn es für die Sparkasse nicht positiv ausgefallen ist.

Kunden-Rückmeldung ist wichtig!

Ich hätte mir nur eben diese Aufmerksamkeit in den 25 Jahren gewünscht, in denen ich das Konto bei der Sparkasse hatte.

Vielleicht ist es auch gar nicht so sehr wichtig als Sparkasse im Social Web unterwegs zu sein, sondern die Mitarbeiter vor Ort in den Geschäftsstellen noch intensiver zu schulen. Denn Kompetenz und zum Teil auch Höflichkeit ist ja das, was ich und auch die Leute bei der Sparkasse vermissen, die meinen Blogeintrag kommentiert haben. Denn ob jemand im Anzug gut aussieht, das sollte bei keiner Bank ein Einstellungskriterium sein!

Allen, die unzufrieden mit dem Service ihrer Sparkasse sind, kann ich nur empfehlen, diesen Unmut auch zu äußern. Freilich kann ich nicht versprechen, dass die Kritik auf so fruchtbaren Boden wie in Passau fällt. Aber auch hier ist nur ein erster Schritt getan. Jana und ich konnten zum Beispiel abschließend auch nicht in Erfahrung bringen, warum sie weiterhin eine kostenlose Kontoführung aushandeln konnte und ich nicht. Beide sind wir Studentinnen und machen den Mund auf, wenn uns was nicht passt und so werden wir das auch weiterhin handhaben 😉

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Alle Posts zur „Causa Sparkasse“ im Überblick:

Coca-Cola-TV-Spot 2011: Good news besiegen Nachrichtenfaktoren

4 Jul

Je „negativer“ ein Ereignis ist, umso stärker beachten es die Medien. Wenn etwa im Irak Soldaten getötet werden, geht diese Nachricht um die Welt. Wenn jedoch Hilfsorganisationen großartige Leistungen vollbringen, ist das den Medien – wenn überhaupt – nur eine kleine Meldung wert.

„Sex and Crime“ bringen Quote und Klicks

Denn Nachrichten werden unter gewissen Aspekten ausgewählt – da die Mediengesellschaft nach immer spektakulären Ereignissen verlangt, werden die sog. „Nachrichtenfaktoren“, nach denen der „Nachrichtenwert“ eines Ereignisses bestimmt werden, oft auch etwas inszeniert. Warum ist das so? Ganz einfach, es geht um Quoten und hohe Klickzahlen!

Krieg, Misserfolge, Dramatik – das zieht bei den Zuschauern. Kurz zusammengefasst werden kann das auf die Formel von „Sex and Crime“.

Wann haben wir zuletzt von guten Nachrichten gehört oder gelesen?

Coca-Cola stellt sich gegen den Trend

Daher gefällt mir der Coca-Cola-TV-Spot aus dem Jahr 2011 so gut. Denn hier wendet sich der US-Weltkonzern gegen den aktuellen Trend, dass nur negative Nachrichten thematisiert werden. Coca-Cola zeigt uns die zweite Seite der Medaille, die in der Mediengesellschaft oft unter den Tisch gekehrt zu werden scheint.

Für mich ist dieser TV-Spot nicht nur ein Werbefilmchen, für mich hat er eine tiefe Botschaft: Denn jeder einzelne kann durch seinen individuellen Medienkonsum, die Mediengesellschaft mitgestalten.

Wer selbst sind aufgerufen „gute Nachrichten“ zu verbreiten

Im Web 2.0, dem Mitmach-Web, können wir selbst zum „Gatekeeper“ werden und z. B. in unseren Blogs entscheiden, welche Selektionsmechanismen wir ansetzen und ob wir Nachrichtenfaktoren und Quoten einfach einmal beiseite schieben und gute Nachrichten verbreiten!

Social Media: Fasten 2.0

3 Mär

Mit dem Aschermittwoch beginnt die 40-tägige Fastenzeit. Die Christen besinnen sich seit dem Kreuzestod Jesu‘ durch Fasten auf das Leiden und Sterben ihres Messias. Am Ende der Fastenzeit steht daher auch symbolisch die „Belohnung“ für ihre Entbehrungen: Das Osterfest, das die Auferstehung und das Leben nach dem Tod symbolisiert.

Egal, ob in dieser Zeit auf Fleisch, Süßes, Alkohol, Tabak, Computer oder Internet verzichtet wird – dieser Verzicht muss nicht (nur) schmerzlich sein, sondern kann auch glücklich machen.

Kraft tanken beim Facebook Fasten? (Foto: Ralph Winderl)

Ständige Verfügbarkeit erzeugt Stress

Denn über E-Mails und unsere Smartphones sind wird ständig verfügbar. Und diese Verfügbarkeit erzeugt Stress.

Wie oft ertappe ich mich, dass ich nur „schnell“ auf Facebook schauen wollte, was meine „Freunde“ dort machen und dann wird aus dem „schnell“ doch schnell eine halbe Stunde… So wie mir geht es wohl auch anderen, denn auf Facebook gibt es eine Gruppe „Facebook Fasten“ mit immerhin derzeit 224 Mitgliedern.

Gänzlicher Verzicht auf Social Media schlecht möglich

Ich bin realistisch, ich werde es wohl nicht schaffen, in den kommenden sechs Wochen gänzlich auf soziale Netzwerke zu verzichten. Zu sehr läuft die tägliche Kommunikation, auch mit meinen „echten“ Freunden über soziale Medien ab. Nicht zuletzt bin ich als Medienschaffende auf diese Medien auf eine gewisse Art angewiesen.

Aber ich werde versuchen, meinen Social-Media-Konsum drastisch einschränken: D. h. als allererstes die Aufenthaltszeit in den sozialen Netzwerken zu verringern, auch die Anzahl meiner Statusmeldungen werde ich einschränken. Zudem kann ich auf die aktive Suche nach neuen Kontakten verzichten, sowie die Zahl der „gefällt mir“ begrenzen. D. h. aber auch, mir die Zeit zu nehmen, nicht auf jeden Post, eine jede Nachricht sofort zurück zu schreiben.

Alles in allem gelingt es mir so vielleicht, durch das Fasten 2.0 mich auch nach der Passionszeit etwas bewusster und auch gezielter im Web 2.0 zu bewegen. Der Alltagsstress würde verringert, ich spare durch die auf sozialen Netzwerken „vergeudete“ Zeit – Minuten, wenn nicht sogar Stunden für sinnvollere Aktivitäten.

Religiöse Fastenmotive treten oft zurück

Wer früher fastete, stellte körperliche Bedürfnisse zugunsten seines Glaubens zurück. Dabei spielt auch die Angst um das Seelenheil eine große Rolle. Die Motive für das Fasten haben sich heute gewandelt: Viele üben sich nicht mehr aus religiösen Gründen im Verzicht. So wird etwa auf Tabak aus gesundheitlichen Gründen verzichtet. Und z. B. bei einem „Medienfasten“ möchte man gegen „Süchte“ ankämpfen.

Die evangelische Kirche hatte von je her eine andere Sicht auf das Fasten. Martin Luther war der Überzeugung, dass der Mensch nicht durch das Fasten angenehm bei Gott werde, sondern allein durch die Gnade, allein durch den Glauben. Im Gegensatz zur römisch-katholischen Tradition ist auch das Fasten in den protestantischen Kirchen nicht mit dem Bußsakrament verbunden.

„7 Wochen Ohne“

Eine Renaissance erlebt das Fasten in der evangelischen Kirche in den vergangenen Jahren also nicht wegen Kirchengebote, sondern als freiwillige spirituelle Erfahrung. In diesen Kontext ist die Aktion „7 Wochen Ohne“ einzuordnen, deren Ziel die bewusste Gestaltung der Passionszeit ist. Wobei der Fastenbegriff dabei weit gefasst ist. Alltagsgewohnheiten sollen während der Fastenzeit überdacht werden. Die Teilnehmer der deutschlandweiten Aktion verzichten dazu zum Beispiel auf Süßigkeiten, Nikotin aber eben auch auf Medien wie etwa das Internet.

Durch diesen Verzicht wird klar, was für einen persönlich Lebensqualität ausmacht. Nicht mehr ständig verfügbar zu sein, nicht mehr jeden selbstdarstellerischen Post meiner Facebook-Freunde mitzubekommen, gehört für mich dazu.

Mein Facebook Fasten stellt für mich persönlich also mehr Gewinn als Verzicht dar.

Bistum Passau bietet „Exerzitien online“

Interessant ist, dass für Fastenaktionen die Kirchen auch verstärkt auf das Internet zurückgreifen, um die Menschen zu erreichen.

So bietet etwa das Bistum Passau für die Fastenzeit 2011 Exerzitien online an. Die Teilnehmer der Aktion können dabei aus drei Begleitern wählen. Auf der Homepage heißt es dazu:  „Sie werden Ihren Begleiter, Ihre Begleiterin nicht persönlich treffen, sondern lediglich per Mail kontaktieren. Diese geschützte Atmosphäre kann Sie ermutigen, Fragen oder Angelegenheiten Ihres Lebens und Glaubens zu formulieren, die Sie sonst nirgendwo zum Ausdruck bringen können.“

Gewinn durch Verzicht

Beide Aktionen, die evangelische „7 Wochen ohne“ und die katholische „Exerzitien online“, sind gute Möglichkeiten, die Fastenzeit gewinnbringend für sich zu nutzen, zu sich zu finden und neue Kraft zu tanken – Kraft dafür auch einmal offline zu gehen und das Smartphone vielleicht auch in der Freizeit nach der 40-tägigen Fastenzeit auch mal abzuschalten.

Phänomen der Selbstreferntialität: Guttenberg als Opfer

30 Jan

Ist ein Mensch stark oder gar nur auf sich selbst bezogen, wird ihn seine Umwelt als nicht besonders positiv wahrnehmen. Vielmehr wird er zwar als selbstsicher, aber egoistisch eingestuft werden, der für seine fehlerhaften Seiten nur einen verklärten Blick haben wird.

Ähnlich problematisch kann es sein, wenn sich die Medien nur auf sich selbst beziehen, also in ihrer Berichterstattung nicht auf die medienexterne Umwelt zurückgreifen. Dies wird als Phänomen der Selbstreferentialit beschrieben.

Da die Öffentlichkeit in der (Medien)gesellschaft über Medien hergestellt wird, kommt den Medien bzw. Journalisten dabei eine gewisse Verantwortung zu. Der bekannte Systemtheoretiker Luhmann formulierte es treffend folgendermaßen: „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“ (Luhmann, Niklas (2009): Die Realität der Massenmedien. 4. Auflage. Wiesbaden, S. 9.)

Die Dystopie, die der Spruch, „was nicht in den Massenmedien vermittelt wird, hat nicht stattgefunden“ (zitiert nach Strohmeier, Gerd (2004): Politik und Massenmedien. Eine Einführung. Baden-Baden, S. 72.) ist gerade im Film oftmals bereits Realität geworden. Das Problem ist, dass vergleichbar mit einer Autobiografie, nicht genau geklärt werden kann, was in den Medien realistisch oder verklärt dargestellt wird. Sind sie doch oftmals der einzige Realitätsbeweis.

Kein direkter Zugang zu Primärereignissen in der Mediengesellschaft

Die Herstellung von Öffentlichkeit ist die Primärfunktion der politischen Funktion von Massenmedien, „[d]a dem Individuum der direkte Zugang zu Primärereignissen aus räumlichen und zeitlichen Gründen oft verwehrt ist, kann hier durchaus von einem Abhängigkeitsverhältnis gesprochen werden, denn für viele Sachverhalte bleiben die Massenmedien die einzige Informationsquelle, die dem Einzelnen zur Verfügung steht.“ (Strohmeier (2004), S. 72.)

Beziehen sich die Medien also immer stärker auf sich selbst und recherchieren die Journalisten nicht an diesen oben erwähnten Primärereignissen, werden sie ihrer eigentlichen Funktion nicht mehr gerecht und das mediale Phänomen der Selbstreferentialität wird zum Problem.

Derzeit gibt es viele mediale Phänomene, die von der Selbstreferentialität profitieren, was besonders deutlich im Umfeld des Fernsehens aufgezeigt werden kann.

TV Total als selbstbezügliche Fernsehsendung

So gibt es Sendungen, die davon leben, sich auf andere Sendungen zu beziehen. Als bestes Beispiel des deutschen Fernsehens für eine selbstbezügliche Fernsehsendung kann Stefan Raab’s TV Total angesehen werden – die Sendung lebt davon, dass Raab Filmausschnitte anderer Fernsehproduktionen zeigt.

Guttenbergs falscher Vorname

„Der neue Wirtschaftsminister: Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Wilhelm Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg. Müssen wir uns diesen Namen merken?“ Mit dieser Schlagzeile (vom 10. Februar 2009) machte die Bildzeitung einen Tag nach der Ernennung von Guttenberg zum Bundeswirtschaftsminister durch seinen Parteichef, Horst Seehofer, auf.

Aber all diese Namen mussten sich die Bürger tatsächlich nicht merken, denn ein anonymer Wikipedia-Autor hatte den falschen Vornamen „Wilhelm“ bewusst dem Guttenberg-Artikel der Online-Enzyklopädie hinzugefügt.

Hier kommt das Problem der Selbstreferenz zum Tragen. Binnen 24 Stunden hatten nämlich die Medien den falschen elften Vorname quer durch die Republik verbreitet. Egal ob es sich um eine Qualitätszeitung, wie die Süddeutsche Zeitung oder eine Boulevardzeitung, wie die Bild handelt – alle haben offensichtlich von Wikipedia abgeschrieben.

Skeptische Wikipedia-Autoren hatten zwar zwischenzeitlich Verdacht geschöpft, doch der Einzelnachweis bei den Vornamen lag mittlerweile bei Spiegel-Online.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass viele Medien ihre Informationen nicht mehr an der ursprünglichen Quelle recherchieren, sondern aus anderen Medien übernehmen, was als „Zirkelbezug“ zu bezeichnen ist.

Richtig wäre es gewesen, an der primären Quelle, in diesem Fall „das Genealogische Handbuch des Adels“ zu recherchieren.

Handelsblatt.com rechtfertigt sich nach Bekannt werden der Manipulation folgendermaßen: „Gerade wenn es schnell gehen muss, dann greifen Journalisten mittlerweile gerne auf Wikipedia zurück.“

Stellung nimmt der anonyme Wikipedia-Autor auf dem Bild-Blog: „Zugegeben, der Scherz war anfangs nicht gerade originell. Innerhalb weniger Stunden bekam er aber eine höchst interessante Eigendynamik, die mich an den Recherche-Methoden vieler Journalisten erheblich zweifeln ließ. […] Niemand merkte es – und etliche Online-Medien, Zeitungen und Fernsehsender schrieben meine Erfindung ungeprüft ab.“

Das handelsblatt.com steht an dieser Stelle nur exemplarisch für alle Medien, die ungeprüft von Wikipedia abgeschrieben hatten. Die Redaktion formuliert in der Richtigstellung, dass sie Lehren aus diesem Vorfall ziehen wolle.

Medienjournalismus als Lösungsansatz in Zeiten von Spiegel-Online?

Arbeiten die Journalisten nicht sorgfältig, wie es eigentlich ihrer Berufspflicht entspricht und recherchieren bspw. nicht an Primärquellen, kann für das Publikum ein enormer Schaden entstehen, wie oben thematisiert wurde.

„Die Massenmedien erfüllen eine Kontrollfunktion, indem sie politisch Akteure kontrollieren und gegebenenfalls kritisieren. Oftmals ist von einer Kontroll- und Kritikfunktion die Rede.“( Strohmeier (2004), S. 73.) Die Medien kontrollieren also die Politik – aber können sich die Medien auch selbst kontrollieren?

Watchblogs als neue Form der Medienkritik

Eine neue Veröffentlichungsmöglichkeit für Medienkritik sind „Watch-Blogs“. Einer der bekanntesten deutschsprachigen Watchblogs ist der Bildblog, der ursprünglich nur Bildpublikationen, nun aber auch andere Publikationen beobachtet. Auch der anonyme Wikipedia-Autor hat in diesem Blog erläutert, wie er Freiherr von Guttenberg zu Wilhelm machte.

Der Medienjournalismus würde also eine Möglichkeit darstellen, das Problem der Selbstreferentialität zu lösen oder zumindest zu kontrollieren. Doch wiederum problematisch ist, dass der Medienjournalist „im Glashaus sitzt“, weil seine gesellschaftlich notwendige Kritik- und Kontrollfunktion von kollegialen und ökonomischen Interessenskonflikten überschattet wird.

In einer Zeit, in der sich Journalisten nach Leitmedien wie Spiegel Online richten, wird es schwer sein, das Problem der Selbstreferentialität in den Griff zu bekommen. Wenn Medien Leitmedien als dogmatische ansehen und ungeprüft übernehmen.

Autonomes Mediensystem für Demokratie wichtig

Doch ist das Phänomen der Selbstreferentialität nicht nur als Problem zu stilisieren:

Nicht nur Luhmann hält den Eingriff in ein autopoietisches System für problematisch. Den Garant für eine gesunde, pluralistische Demokratie stellt ein selbstständiges, autonomes und autopoietisches Mediensystem dar. In Artikel 5 des Grundgesetzes ist daher gemeinsam mit der Meinungsfreiheit, die Rundfunkfreiheit und Informationsfreiheit verankert: „Eine Zensur findet nicht statt.“

Ein geschlossenes System erhält sich durch Selbstbeobachtung. Es ist daher nicht erstaunlich, dass es gerade Filmemacher sind, die das Problem der Selbstreferentialität aufzeigen. Schließlich bewegen auch diese sich in diesem autopoietischen System. So leistet der Spielfilm durch seine Selbstbeobachtung einen wichtigen Beitrag und trägt zur Optimierung des Systems bei. So plädiert bspw. „Good Night and Good Luck“ für den Einfluss, den die Zuseher durch ihr Fernsehverhalten haben.

In Zeiten des Web 2.0, das vom „user generated content“ lebt, sind die Möglichkeiten z. B. durch Watchblogs noch viel größer, die Medien direkt zu beobachten.

Macht der User durch Medienkontrolle 2.0

Es wäre wünschenswert, wenn die Bürger von ihrer „neuen Mündigkeit“ verstärkt Gebrauch machen würden. Denn das Web 2.0 kann, bei richtigem Gebrauch eine ähnlich große aufklärerische Leistung wie einst die Erfindung des Buchdrucks haben. Die Bürger könnten von den Journalisten ebenso weniger abhängig werden, wie einst im Gutenberg-Zeitalter von den Dogmen der Kirche.