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Papstwahl 2013: Habemus… Brüderlichkeit

13 Mär

Ich dachte, kein“ Habemus Papam“ könnte mich jemals mehr so bewegen als das von 2005. Aber 2013 war es ähnlich und doch ganz anders:
Zuerst dachte ich, der ist ja schon wieder 76 und auch noch Jesuit… Sonderlich reformfreudig wird er nicht sein. „Immerhin“ ist er aus Südamerika.
Und dann trat der erste nicht-europäische Papst hinaus auf den Balkon – endlich! Fast wirkte er fremd und verloren dort, aber dann: „Buona sera!“ Ein freundliches Lächeln dazu, so menschlich. Auch war dieser erste Auftritt für mich voller Botschaften und ich hoffe, ich interpretiere nicht über, sondern es tritt so oder so ähnlich auch ein:

1. Sein Papstname trägt die Nominalzahl 1, d. h. er möchte nicht das Programm einer seiner Vorgänger fortführen, sondern gänzlich neue Akzente setzen. Und das muss er auch: Den Vatikan reformieren, sozusagen „mit straffer Hand zurück zu den Wurzeln“. Und dennoch die eigentliche Botschaft, das Evangelium, nicht aus den Augen verlieren. Das Kommunikationsmittel hierfür: Das Gebet. Demütig betet er für den Papa emeritus und lässt auch für sich beten.

2. Der Papstname enthält von sich aus eine Botschaft. Der hl. Franziskus, der Freund der Armen und Tiere… Vielleicht veräußert Franziskus I. Kunstwerke, die im Vatikan einfach nur „herumhängen“ und schenkt den Erlös den Armen. In jedem Fall wird er die Brüderlichkeit der Menschen untereinander fördern wollen und Demut üben.

3. Franziskus I. hat bei seinem Auftritt „nur“ davon gesprochen, Bischof von Rom zu sein. Nicht explizit betont, Papst zu sein (es sei denn, ich habe etwas überhört…) Mich hat das an Johannes XXIII. erinnert, der „Bischof unter Bischöfen“ sein wollte. Er berief das Zweite Vatikanum ein – ein großartiges Zeichen, die Roncalli-Geste im Konzils-Jubiläumsjahr aufzugreifen! Dringender als alles andere brauchen wir echte Kommunikation in der Kirche – ein „wir“ und eben echte Brüderlichkeit!

Naturereignis oder Zeichen Gottes? Gewitter im Vatikan

15 Feb
Am Tag des Papst-Rücktritts schlägt im Petersdom ein Blitz ein. Zeichen Gottes oder Naturereignis? (Quelle: Screenshot - Focus online)

Am Tag des Papst-Rücktritts schlägt im Petersdom ein Blitz ein. Zeichen Gottes oder Naturereignis? (Quelle: Screenshot – Focus online)

Das Kirchenrecht, die Kirchengeschichte erhält in diesen Tagen eine Renaissance, dass es fast schon unheimlich ist. Zufällig waren das während meines Theologie-Studiums genau meine Lieblingsdisziplinen u. a., weil ich sie für besonders lebenspraktisch und nützlich erachtet habe. Von meinen Kommilitonen im „profanen“ Studiengang erntete ich für solche Aussagen nicht selten einen Lacher. Was soll man in einer säkularen Welt schon mit Kirchenrecht?

Wer zuletzt lacht…

Blitzeinschlag im Petersdom am Tag des Rücktritts

Am Tag des Rücktritts habe ich mich hier bereits über die schlechte Informiertheit der Journalisten zum Thema Kirchenrecht beklagt. Ich könnte das Einzelbeispiel (man beschwerte sich, dass ich nur eins nenne – aber sorry, zum Zeitpunkt der Post-Veröffentlichung war erst eine Sondersendung vergangen) leider um einige erweitern. Aber ich möchte nicht (nur) das Nichtwissen der Kollegen kommentieren, sondern lieber mit Wissen dagegen halten 😉
Zugegeben etwas erschreckt war ich, als ich vom Blitzeinschlag am Montagabend in den Petersdom gelesen habe. Solche Wintergewitter sollen in Rom wohl relativ selten sein… Ich bin jetzt keine Meteorologin…

Vielleicht bin ich etwas offener für solch „himmlischen“ Dinge (immerhin habe ich ja auch mal Theologie studiert) und interpretiere da (zu) viel hinein. Hat Benedikt Gott mit seinem Rücktritt erzürnt? Hand auf’s Herz – egal wie man dieses Naturereignis interpretieren mag, aber das Timing ist schon in jedem Fall interessant!

Parallele zum Ersten Vatikanischen Konzil

Und plötzlich erinnerte ich mich an ein noch perfekteres Timing in der Kirchengeschichte. Am 11. Februar 2013 lagen zwischen der Ankündigung des Rücktritts und dem Gewittereinschlag doch einige Stunden… Doch am 18. Juli 1870 störte ein Gewitter direkt ein ebenfalls für die Kirchengeschichte bedeutendes Ereignis: An diesem Tag wurde am Ersten Vatikanischen Konzil die dogmatische Konstitution „Pastor Aeternus“ verabschiedet. Es wurden darin der Jurisdiktionsprimat und die Unfehlbarkeit des Papstes definiert. Gerade Letzteres sorgt bis heute gerade bei Kirchengegnern immer wieder für Diskussionsstoff – an andere Stelle habe ich schon darüber gebloggt.

Die Konzilssitzung fand in einem Seitenflügel des Petersdomes statt. Das Unwetter soll die Aula so verdunkelt haben, dass Kerzen entzündet werden mussten – und das um die Mittagszeit! Auch sollen die „Placets“ der Kardinäle vom Donnergrollen übertönt worden sein. Papst Pius IX. wollte diese Konstitution um alles in der Welt vom Konzil bestätigt wissen. Als er in der Konzilsaula sprach, soll das Gewitter seinen Höhepunkt erreicht haben.

Unfehlbarkeit unter Donnergrollen verkündet

War dies ein Zeichen göttlichen Zorns? Oder ein verzweifeltes Zeichen der Mächte der Unterwelt gegen den Fels Petri? Damals wie heute gibt uns dieses Naturereignis Anlass zur Interpretation. Ich möchte mich auf keine Deutung festlegen: Mich fasziniert einfach diese Parallele und wollte diese meinen Lesern nicht vorenthalten! (Nachzulesen ist das übrigens in der sehr guten Konziliengeschichte von Klaus Schatz)

FAZIT Liebe Medienleute, hättet ihr mal lieber in (Kirchen)geschichte aufgepasst, dann hättet Ihr jetzt eine schöne Story 😉

Wie immer gilt mein Angebot (das auch nach meinem Blogpost über den Rücktritt prompt angenommen wurde… und ich nenne an dieser Stelle keine Namen!!): Gerne stehe ich Ihnen in den kommenden Tagen, insbesondere auch während dem Konklave, als sozusagen „Papst-Fachfrau“ zur Verfügung!

Papstrücktritt überfordert deutsche Medien

11 Feb

„Unser“ Papst Benedikt XVI. tritt am 28. Februar um 20h zurück, das hat er heute in einem Konsistorium verkündet. Dazu möchte ich, als ehem. Theologie-Studentin und Journalistin, zwei Feststellungen aus zwei Perspektiven treffen:

  1. aus kirchlich/theologischer
  2. aus qualitätsjournalistischer Sicht

Zu 1.:

Als gläubige Katholikin hat mich die Entscheidung dieses Papstes, der meiner Meinung nach einer der fähigsten der Kirchengeschichte ist, traurig gemacht.

Aber ich respektiere diese Entscheidung und zolle dem Hl. Vater höchsten Respekt. In der Kirchengeschichte hat faktisch kein Pontifex maximus von der Möglichkeit, zurückzutreten, Gebrauch gemacht (abgesehen von einem Papst während des Abendländischen Schismas). Denn das Kirchenrecht (CIC) räumt dem Papst diese Möglichkeit ein – nach Can 332 § 2.

(Noch) gänzlich ungeregelt ist, was mit einem zurückgetretenen Papst geschieht: Wird er nach dem Rücktritt automatisch wieder zum Kardinal „zurückgestuft“? Wie wird ein „Alt-Papst“ korrekt angeredet?

Ich hoffe, dass für Benedikts Entscheidung keine ernsthafte Krankheit ausschlaggebend war – er einfach aufgrund seines Alters seine nachlassenden Kräfte spürte.
Ich bin erleichtert, dass wir bei „unserem“ deutschen Papst nicht „herwarten“ werden müssen, bis er seinen letzten Atemzug getan hat. Das öffentlich-mediale Warten auf den Tod Johannes Paul II. fand ich persönlich mehr als unwürdig. Das erspart uns Benedikt mit dieser Entscheidung, das wollte er sich sicher auch selber ersparen. Lieber im Vollbesitz der geistigen Kräfte, sozusagen am Höhepunkt der Macht, in Würde abtreten!

Das zeigt für mich auch, dass Benedikt nicht an Macht und Würden klebt – verzichten können ist Stärke! Vielleicht will er so auch noch Einfluss auf die Wahl seines Nachfolgers haben? Aber das sind Spekulationen. Sicher werden wir von diesem Papst auch im Ruhestand hören bzw. lesen. Ich hoffe, dass Benedikt seine letzten Lebensjahre noch produktiv nutzen wird und vielleicht auch wieder in unsere bayerische Heimat zurückkehrt 😉

Zu 2.:

Jetzt möchte ich einige Bemerkungen über die Berichterstattung verlieren, von der wir in den nächsten Tagen sicher nicht „verschont“ bleiben werden…

Ich verlange nicht, dass jeder Journalist Kenner des Kirchenrechtes ist, aber ich erwarte, dass gerade die Öffentlich-Rechtlichen keine falschen Informationen verbreiten.

Sicherlich, der Rücktritt kam völlig überraschend. Wie gut, dass (wohl für den Nachruf) Rückblicke auf den Pontifikat in den Redaktionen vorhanden sind. So konnte wenigstens halbwegs Sinnvolles bisher gesendet werden.

Aber was völlig daneben war, war ein Korrespondenten-Bericht der ARD. Die Journalistin Hilde Stadler sagte in der Tagesschau um 13h (ab Min 12): „Zu dem Konklave, das ja in Bälde jetzt zusammentreten wird, sollen die Kardinäle unter 80 Jahre zusammentreten. Das ist auch ein Hinweis. Vielleicht wird man jetzt auch versuchen, einen doch um einiges jüngeren Papst zu wählen“.

Liebe ARD, wenn ihr mich in der Nacht aufgeweckt und vor die Kamera geholt hättet – so einen Blödsinn hätte ich nicht verzapft! Sorry, aber fast jedes Kind weiß, dass Kardinäle nur bis zum 80. Lebensjahr wahlberichtigt sind. Gewählt werden kann aber theoretisch jeder andere (männliche) Katholik – er muss also weder Kardinal, noch im Konklave sein. Das ist also kein Hinweis, das ist Fakt!

Also, wenn ihr in den kommenden Tagen eine versierte „Kirchenkennerin“ braucht, ich stehe euch da gerne zur Verfügung 😉 Mich wundert, dass das ifp es offensichtlich nicht schafft, seine Leute an „Schaltstellen“ zu setzen. Dieses Institut der Deutschen Bischofskonferenz fördert Journalisten. Vielleicht sollte es seine Auswahlkriterien überdenken?

So einen Blödsinn will ich, insbesondere in den Öffentlich-Rechtlichen, nirgends mehr hören! Quo vadis Qualitätsjournalismus?

Unfehlbarkeit des Papstes: Oft falsch verstanden

31 Okt

Die Unfehlbarkeit des Papstes ist es, die nicht nur von Kirchengegner, sondern auch von Gläubigen oft falsch verstanden wird.

Denn nicht alle Äußerungen des Papstes sind unfehlbar – unfehlbar sind grundsätzlich nur Äußerungen in Glaubens- und Sittenfragen. Also können z. B. Meinungen über Politik, wenn etwa der Papst die Verfolgung von Christen in totalitären Staaten kritisiert, nie unfehlbar sein.

Außerdem muss der Papst, das Oberhaupt der katholischen Kirche, ankündigen, dass er eine unfehlbare Entscheidung verkündet – er muss dann „ex cathedra“ sprechen. Er spricht dann von der Kathedra Petri aus, also seinem Bischofssitz in Rom.

Wörtliche Definition in „Pastor Aeternus“

In der dogmatischen Konstitution „Pastor aeternus“, in der die Unfehlbarkeit im 4. Kapitel definiert ist, heißt es wörtlich:

Wenn der römische Bischof „ex cathedra“ spricht, das heißt, wenn er in Ausübung seines Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen kraft seiner höchsten Apostolischen Autorität entscheidet, da[ss] eine Glaubens- oder Sittenlehre von der gesamten Kirche festzuhalten ist, dann besitzt er mittels des ihm im seligen Petrus verheißenen göttlichen Beistands jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei der Definition des Glaubens- oder Sittenlehre ausgestattet sehen wollte; und daher sind solche Definitionen des Römischen Bischofs aus sich [ex sese], nicht aber aufgrund der Zustimmung der Kirche [non autem ex consensu Ecclesiae] unabänderlich.“ (DH, S. 776 Nr. 3074)

Unfehlbarkeit erst ein einziges Mal in der Geschichte genutzt

Die Unfehlbarkeit des Papstes wurde während des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/70) zum Dogma erhoben; seit dieser Zeit hat jedoch nur ein Papst in der Geschichte der katholischen Kirche davon Gebrauch gemacht: Dies war im Jahr 1950 als Papst Pius XII. (1939-1958) das Dogma von der leiblichen Aufnahmen Mariens in den Himmel verkündigte.

Als erster und einziger Papst in der Kirchengeschichte machte Pius XII. von der Unfehlbarkeit Gebrauch: Verkündigung des Dogmas von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel (1. November 1950).

Dogmatisierung während Erstem Vatikanum (1869/70)

Schon unter den rund 700 Konzilsteilnehmern war diese Dogmatisierung kontrovers diskutiert worden.

Einberufen hatte dieses Konzil Papst Pius IX. (1846-1878) Im Vorfeld dazu war in der jesuitischen Zeitung Civiltà Cattolica ein Artikel erschienen, dass die wahren Gläubigen Frankreichs auf dem Konzil -ohne Aussprache- die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit erwarten würden.

In Bayern beleuchtete Ignaz von Döllinger, ein katholischer Geistlicher und Professor für Kirchengeschichte in München, diese Entwicklung kritisch. Seine Artikel erschienen unter dem Pseudonym „Janus“ in der Augsburger Allgemeinen Zeitung.

Als Pius IX. am 8 Dezember 1870 schließlich das Konzil im rechten Seitenflügel des Petersdoms im Vatikan eröffnete, stand die Unfehlbarkeit zunächst nicht auf der Tagesordnung. Jedoch schaffte es eine kleine Kerngruppe, der z. B. der Bischof Senestrey von Regensburg angehörte, die Unfehlbarkeit zur Abstimmung zu bringen.

Gegner reisen vor Schlussabstimmung ab

Unfehlbarkeit heißt auf lateinisch Infallibilität. Daher werden die Konzilsväter, je nach ihrer Position als Fallibilisten (Anhänger der Unfehlbarkeit) bzw. Infallibilisten (Gegner der Unfehlbarkeit) bezeichnet.

Weil die Gegner der Unfehlbarkeit, die Infallibilisten, nicht gegen das Dokument und so indirekt gegen den Papst stimmen wollten, reisten sie vor der endgültigen Abstimmung vom Konzil ab. Und so wurde die Definition von der Unfehlbarkeit des Papstes vom Konzil angenommen.

Primat wichtiger als Unfehlbarkeit

Im selben Dokument, der dogmatischen Konstitution „Pastor Aeternus“ wie die Unfehlbarkeit findet sich in Kaptitel 3 übrigens auch eine Definiton über den Primat des Papstes. Als Primat versteht man die Vorrangstellung des Papstes in der römisch-katholischen Kirche. Laut dem Dogma von 1870 hat der Papst also nicht nur die absolute Lehrvollmacht (Unfehlbarkeit), sondern auch den Jurisdiktionsprimat. Im besagten Dokument heißt es wörtlich über den Primat:

„Wer deshalb sagt, der Römische Bischof besitze lediglich das Amt der Aufsicht bzw. Leitung, nicht aber die volle und höchste Jurisdiktionsvollmacht über die gesamte Kirche, nicht nur in Angelegenheiten, die den Glauben und die Sitten, sondern auch solche, die die Disziplin und Leitung der auf dem ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche betreffen; oder er habe nur einen größeren Anteil, nicht aber die ganze Fülle, [totam plenitudinem] dieser höchsten Vollmacht, sei nicht ordentlich und unmittelbar sowohl über alle und die einzelnen Kirchen als auch über alle und die einzelnen Hirten und Gläubigen; der sei mit dem Anathema belegt.“ (DH, S. 773 Nr. 3064)

Bis heute ist der Primat entscheidender als die Unfehlbarkeit.

Altkatholiken lehnen Primat und Unfehlbarkeit ab

Interessant ist auch, dass der Streit über das Dogma von der Unfehlbarkeit bereits in Zeiten ihrer Definition über Medien ausgetragen wurde.

Bis heute gibt es Katholiken, die diese Konzilsentscheidung nicht anerkennen: Es sind die Altkatholiken, die sich nach dem Ersten Vatikanum von der römisch-katholischen Kirchen abgespalten haben. Wohl einer der größten Kritiker in unserem Raum , Döllinger, fühlte sich trotz Exkommunikation zeitlebens als Mitglied der „alten“, römisch-katholischen Kirche und wurde interessanterweise nicht Altkatholik.

Ausschnitt aus Folge 10 der Doku-Serie „2000-Jahre-Christentum“ über das Erste Vatikanum:

 

Benedikt XVI.: Der Nachfolger des „Papstes der Rekorde“ setzt neue Maßstäbe

9 Mai

Sein Vorgänger auf dem Stuhle Petri, Johannes Paul II. (1978-2005), ging als Papst der Superlative in die Kirchengeschichte ein: Die meisten Enzykliken, die meisten Auslandsreisen, die meisten Kanonisationsverfahren (Selig- und Heiligsprechungen) – nur bei der Amtszeit wurde er von Pius IX. (1846-1878) überrundet. Jetzt sprach Benedikt XVI. (seit 2005) den beliebten Papst aus Polen auch noch in Rekordzeit am 1. Mai 2011 selig.

Johannes Paul II. stellt auch noch nach seinem Tod neue Rekorde auf

Nur fünf Jahre nach seinem Tod wird er in die Schar der Seligen aufgenommen, das war somit das kürzeste Seligsprechungsverfahren der neueren Kirchengeschichte. Auch nach seinem Tod stellt Papst Johannes Paul II. also noch Rekorde auf…

Doch der Nachfolger und enge Vertraute des Wojtyla-Papstes stellt zumindest kleine „Rekorde“ auf. Drei Tage vor seiner Wahl wurde Ratzinger 78 Jahre alt – somit ist er seit Clemens XII. (1730-1740) der älteste Kardinal der Kirchengeschichte, der zum Papst gewählt wurde.

Benedikt XVI. – ein Papst des Übergangs?

Allein schon auf Grund des Alters gilt – der erste deutsche Papst seit Hadrian VI. (1522-1523) – als Übergangspapst. Doch die lange Geschichte der Päpste zeigt, dass gerade die Übergangspäpste oft für Überraschungen sorgten. So etwa berief Johannes XXIII. (1958-1963), der 77-jährig zum Papst gewählt wurde, das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) ein. Daher wurde „il papa buono“ („der gute Papst“), wie er im Volksmund wegen seiner Volksnähe gerne genannt wurde, zum Papst des Übergangs – aber eben in einem ganz anderen Sinne…

Johannes XXIII. hatte die Zeichen der Zeit erkannt und begann die Kirche für die heutige Zeit zu öffnen. Sein Schlagwort für das Konzil wurde daher „Aggiornamento“, was in etwa mit „Heutigwerden der Kirche“ übersetzt werden kann. Sowohl Johannes Paul II, als auch Benedikt XVI. hatten an dem von ihrem starken Vorgänger einberufenen Konzil teilgenommen. Im Übrigen wurde Johannes XXIII. von Johannes Paul II. im Hl. Jahr 2000 selig gesprochen.

Benedikt XVI. erkennt die Zeichen der Zeit

Der Ratzinger-Papst zeigt sich "privat" und stellt so neue Maßstäbe für die Päpste auf.

Und auch wenn Benedikt XVI. die „Aggiornamento-Strömung“ als Joseph Ratzinger kritisch beäugte, so ist er meiner Meinung nach jetzt der erste Papst in der Geschichte, der sich versucht, dem Zeitgeist zu öffnen.

Auch wenn er wesentlich distanzierter wirkt wie sein Vorgänger, ist er doch der erste Papst in der Geschichte „zum Anfassen“. Kein Papst vor ihm gewährte solche Einblicke in sein Privatleben. Als Beispiel hierfür habe ich einen Ausschnitt aus der „Sendung mit der Maus“ gewählt, wie der Papst im Vatikan lebt:

Erstmals Einblicke in das Leben eines Papstes durch Interviews und Kinofilm

So ist er bspw. der erste Papst in der langen Geschichte der Päpste, der für ein Interviewbuch Rede und Antwort stand. „Licht der Welt“, das Interviewbuch von Peter Seewald ist einzigartig. Nie zuvor hatte ein Papst so offen über seinen Glauben und sein Leben gesprochen.

Auch im ersten Kinofilm der Geschichte mit einem Papst „spielte“ er mit, dieser läuft derzeit in den Kinos und heißt „Francesco und der Papst“.

Joseph Kardinal Ratzinger war vor seiner Wahl zum Papst nicht unbedingt Liebling der Weltpresse. U. a. als „Panzerkardinal“ wurde er wegen seiner Strenge tituliert. Aber genau er nutzt jetzt die (neuen) Medien, um die Gläubigen zu erreichen.

Auch der Ratzinger-Papst wird meiner Meinung nach als Übergangspapst in die (Kirchen)Geschichte eingehen, aber ähnlich wie Johannes XXIII. in einem ganz anderen Sinne, als man es zu Beginn seines Pontifikats erwartet hätte: Ich möchte ihm zurufen, macht weiter so, Eure Heiligkeit und ich wünsche Ihnen noch ein langes Pontifikat, in dem Ihr noch sicher einige Maßstäbe setzen werdet!

Gottes mächtige Dienerin: ARD-Zweiteiler mit haarsträubenden Ungenauigkeiten

26 Apr

Schwester Pascalina Lehnert (1894-1983) hat Pius XII. (1939-58) über vierzig Jahre im Haushalt gedient. Der Papst, dessen Pontifikat im Schicksalsjahr 1939 beginnt, zählt bis heute zu einem der umstrittensten Persönlichkeiten der Kirchengeschichte. Denn er hat im Holocaust geschwiegen – dieses Verhalten wird kontrovers diskutiert. Noch sind die Quellen über die Zeit des Zweiten Weltkrieges in den Vatikanischen Archiven nicht zugänglich – so stützen sich die Informationen über die Haltung des Papstes hauptsächlich auf die Aufzeichnungen der deutschen Nonne, die dem Papst als Haushälterin und Sekretärin besonders nahe stand. Ihr Buch „Ich durfte ihm dienen“ wurde 1983 veröffentlicht.

Mit Spannung habe ich den ARD-Zweiteiler über Schwester Pascalina „Gottes mächtige Dienerin“ erwartet (gespielt von Christine Neubauer). Gleich vorweg – das TV-Drama wurde meinen Erwartungen nicht gerecht. Ich will einmal absehen von den historischen Ungenauigkeiten.

Wird die „kirchliche Fachberatung“ überhaupt befragt?

Was ich auch bei anderen Produktionen der Öffentlich-Rechtlichen nicht verstehen kann ist, dass kirchliche Sachverhalte falsch dargestellt werden. Z. B. bei „Pfarrer Braun“, den Ottfried Fischer verkörpert, habe ich es des Öfteren schon beobachtet, dass der Bischof mit „Eminenz“ angesprochen wird. Die korrekte Anrede für einen Bischof ist jedoch „Exzellenz“, nur ein Kardinal wird mit „Eminenz“ angesprochen.

Warum gibt es dann eine kirchliche Fachberatung? Werden die Kirchen-„Experten“, die die Produktion angeblich berät, überhaupt befragt? Nur so kann ich mir solche „Kardinals-Fehler“ erklären…

Aber zurück zum Film über Schwester Pascalina: Beim Tode Pius‘ XI. (1922-39) war Pacelli nicht nur Kardinalstaatssekretär, sondern auch Camerlengo. D. h. Kardinal Pacelli musste traditionell z. B. das verstorbene Kirchenoberhaupt mit seinem bürgerlichen Namen drei Mal fragen, ob er schläft: „Achille Ratti schläfst du?“. Zudem nimmt der Camerlengo dem toten Papst seinen Fischerring ab. Dies zeigt auch der Film „Gottes mächtige Dienerin“.

Dieser Amtsring, der bis Mitte des 19. Jahrhunderts als Siegel genutzt wurde, wird übrigens vom Camerlengo vor den Augen der Kardinäle mit einem silbernen Hämmerchen zerstört – eigentlich sollte der Ring in so viele Teile zerschlagen werden, wie es Kardinäle sind. So soll symbolisiert werden, dass die Macht des Papstes für die Zeit der Sedisvakanz auf das Kardinalskollegium übergeht.

Schwester Pascalina fungiert im Film als Camerlengo

Festzuhalten gilt, dass der Tod des Papstes nach einem festgelegten Ritus festgestellt wird. Ich habe mich sehr geärgert, dass in dem Film „Gottes mächtige Dienerin“ Schwester Pascalina beim Tode des Pacelli-Papstes quasi die Aufgabe des Camerlengos übernommen hat. So etwas darf nicht sein! Solche Ungenauigkeiten, im Prinzip falsche Tatsachen zu vermitteln, erwarte ich eher in einer Produktion privater Sender – auf keinen Fall darf so etwas jedoch bei den Öffentlich-Rechtlichen geschehen. Durch die Rundfunkgesetze ist es schließlich geregelt, dass das Programm der Bildung dienen soll (neben Information, Beratung und Unterhaltung). Ich finde es mehr als bedenklich, dass eine ARD-Produktion – auch wenn es ein Spielfilm ist – falsches „Wissen“ vermittelt. Es wird sicher einige Zuseher gegeben haben, die von dem Dienst eines Camerlengos noch nie gehört haben werden und deswegen einen falschen Eindruck gewinnen.

Falsche Fakten statt Bildungsauftrag in Öffentlich-Rechtlichen

Auch wenn es für die Dramaturgie des Filmes wohl besser gewesen ist, dass Schwester Pascalina den Papst fragt, ob er schläft und ihm den Fischerring abnimmt – es ist und bleibt falsch! Falsch ist auch, dass die Vertraute Pius‘ XII. allein im Sterbezimmer gewesen ist. Denn der Tod des Pacelli-Papstes in Castel Gandolfo war mehr als bizarr: Radio Vatikan soll direkt vom Nebenzimmer aus den Tod des Papstes gemeldet haben. Auch Bilder des Sterbenden wurden gemacht und in Zeitungen veröffentlicht.

Meiner Meinung nach sollten die Öffentlich-Rechtlichen nicht gezielt falsche Fakten darstellen, gerade wenn es sich um solch eine umstrittene Persönlichkeit wie Pius XII. handelt. Es ist (für den Historiker) schon befremdlich, nur auf autobiografische Schriften, in dem Fall das Buch der Haushälterin, zurückgreifen zu müssen. Ich würde mir dann aber gerade bei feststehenden Fakten mehr Genauigkeit und nicht diverse Ungenauigkeiten wünschen! Schade um diese verpasste Chance, Schwester Pascalina den Deutschen authentisch nahe zu bringen.

Bayernhymne: Vermeintliche Textunsicherheit Benedikt XVI.

12 Feb

Es war wohl der Höhepunkt seines Heimatbesuchs vom 9. bis 14. September 2006: Der aus Bayern stammende Papst Benedikt XVI. (seit 2005) betet zum Auftakt seiner Bayernreise am 9. September 2006 an der Mariensäule.

Diese Säule hatte mitten im Dreißigjährigen Krieg Kurfürst Maximilian I. im Jahr 1638 aufstellen lassen. Seitdem ist sie sozusagen das „Herz Bayerns“, denn von ihr aus wurden früher alle Entfernungen im Freistaat gemessen.

Maria wird unter Benedikt XV. Patrona Bavariae

Übrigens: Der Namensvorgänger unseres Bayern-Papstes, Benedikt XV. (1914-1922) erklärte 1916, auf Bitte König Ludwigs III., Maria zur Schutzpatronin Bayerns (Patrona Bavariae).

Traditionell werden die Erzbischöfe von München und Freising an der Mariensäule empfangen und verabschiedet – auch Benedikt XVI. als Erzbischof Josef Ratzinger in den Jahren 1977 und 1982.

Auch Johannes Paul II. (1978-2005) besuchte die Säule am 19. November 1980.

Als nun im September 2006 der bayerische Papst seine Heimat besucht, darf natürlich eines nicht fehlen: Die Bayernhymne an der Mariensäule!

„Deutsche Erde“ oder „Heimaterde“?

„Gott mit dir, du Land der Bayern,…“ beginnen der Chor, die Gläubigen und der Papst feierlich zu singen – doch dann stockt der gebürtige Niederbayer: „Heimaterde, Vaterland“ singt der Chor – „Deutsche Erde, Vaterland“ will der Papst singen. Wohl durch den vermeintlichen Textfehler verunsichert, verfolgt Benedikt sichtlich irritiert den Rest der Hymne fast ausschließlich schweigend.

Doch so falsch lag der Papst mit seiner Textvariante nicht…

Geschichte der Bayernhymne

Kurz daher zur Geschichte der Bayernhymne: Die Melodie stammt von Konrad Max Kunz aus dem Jahr 1860, der Text der ursprünglichen drei Strophen von Michael Öchsner. Da das Lied bald zum Volkslied avancierte, waren jedoch unterschiedliche Fassungen davon im Umlauf.

Lutz- vs. Öchsner-Fassung

So schrieb auch der bayerische Dichter Joseph Maria Lutz im Jahr 1948 eine neue Fassung des Bayernliedes: Lutz verfasste eine neue dritte Strophe als Ersatz für die sog. „Königsstrophe“, die bereits 1919 aus den Schulbüchern getilgt worden war. Er änderte außerdem mehrere Stellen in den Strophen 1 und 2. So ersetzte er bspw. die Formulierung „deutsche Erde“ durch „Heimaterde“. Nun kam es zu jahrelangen Streitigkeiten zwischen Öchsner- und Lutz-Anhängern:

Ministerpräsident Alfons Goppel hat in einer Bekanntmachung vom 29. Juli 1966 die Lutz-Fassung empfohlen, aber (ohne Ministerratsberatung) nicht angeordnet.

Ministerpräsident Franz Josef Strauß beendete schließlich den Streit durch die Feststellung, dass die Öchsner-Fassung (für das Lernen in den Schulen und den Gebrauch im Bayerischen Rundfunk) weiterhin gelte. Sie war bereits am 11. November 1952 im kulturpolitischen Ausschuss des Bayerischen Landtags einstimmig beschlossen worden.

Bayern-Papst hätte „richtige“ Fassung gesungen

Somit ist die Öchsner-Fassung der offizielle Text der Hymne. (Nach der Bekanntmachung des Bayerischen Ministerpräsidenten vom 18. Juli 1980) – Diese wollte auch Benedikt XVI. am 9. September 2006 an der Mariensäule singen und wäre damit richtig gelegen:

1. Gott mit dir, du Land der Bayern,
deutsche Erde, Vaterland!
Über deinen weiten Gauen
ruhe seine Segenshand!
|: Er behüte deine Fluren,
schirme deiner Städte Bau
Und erhalte dir die Farben
seines Himmels, weiß und blau!  😐

2. Gott mit dir, dem Bayernvolke,
dass wir, uns’rer Väter wert,
fest in Eintracht und in Frieden
bauen uns’res Glückes Herd!
|: Dass mit Deutschlands Bruderstämmen
einig uns ein jeder schau
und den alten Ruhm bewähre
unser Banner, weiß und blau!  😐

Im Übrigen wird das Lied erst seit 1964 bei staatlichen Veranstaltungen des Freistaates gespielt und erst seit 1966 als Hymne bezeichnet, obwohl der Ministerrat der großen Koalition schon 1953 das Lernen des Liedes (nach der Öchsner-Fassung) angeordnet hatte.

Im Gegensatz zu anderen Regionalliedern, wie etwa dem Badner- oder Niedersachsenlied, genießt die Bayernhymne den Schutz von § 90a StGB.